Washington. Das Team von Kamala Harris frotzelt: Geht Trump etwa schon die Luft aus? Doch dann trifft er die Demokraten an einem wunden Punkt.
Inmitten eines oft so schmutzigen Wahlkampfes war es kaum mehr als ein kleiner Seitenhieb. Auf X veröffentlichte das Team von Kamala Harris ein Bild, das die Terminkalender der Vizepräsidentin und den ihres Herausforderers Donald Trump zeigt. Darauf zu sehen: Harris tritt binnen fünf Tagen in sechs US-Staaten auf. Und zwar in denen, die am Ende die Wahl entscheiden werden: Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina, Arizona und Nevada.
Und Donald Trump? Er hatte in der ganzen Woche nur einen Wahlkampftermin in Montana in seinem offiziellen Kalender stehen, einem Staat, den er bei der US-Wahl im November ohnehin sicher gewinnen dürfte. Die Harris-Kampagne schrieb dazu nur zwei Worte: „Low energy?“. Mit anderen Worten: Hat der Republikaner etwa keine Kraft mehr für das Rennen ums Weiße Haus?
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Trump-Team angefressen: „Fake News, Großmaul“
Wahrscheinlicher ist nach Ansicht vieler Demokraten etwas anderes: Trump sei schlicht faul. Statt zu arbeiten, gehe er lieber Golf spielen. Gerne wird in solchen Fällen auf seine Amtszeit verwiesen. In den vier Jahren stattete er seinen Golfanlagen mehr als 300 Besuche ab. „So hat er seine Regierungsgeschäfte geführt“, kommentierte die Jura-Professorin Melissa Murray, die ein Buch über die Verfahren gegen Trump geschrieben hat. Das sei für ihn „business as usual“, also alles wie immer.
Die Frotzeleien ließ sich das Trump-Lager nicht lange gefallen. Einem NBC-Journalisten, der den Spin aufgegriffen hatte, raunte die Kampagne auf X entgegen: „Fake News, Großmaul. Präsident Trumps Terminkalender ist diese Woche voll mit Veranstaltungen, Kundgebungen, Medieninterviews und Spendensammlungen.“
Plötzlich gibt Trump Pressekonferenz
Und tatsächlich, am Donnerstag lud Trump zu einer Pressekonferenz in sein Golfressort in Mar-a-Lago (Florida) ein. Diese war kurzfristig am selben Tag angekündigt worden. Es folgte die gewohnte Show mit Beschimpfungen gegen seine Kontrahentin und etlichen Unwahrheiten. Eine kleine Auswahl:
- Trump behauptet zum wiederholten Male, dass Länder in der ganzen Welt ihre Gefängnisse und „Irrenanstalten“ leeren würden, um die Insassen als Migranten in die USA zu schicken, wo sie von der Biden-Regierung nicht aufgehalten würden. Dafür gibt es keinerlei Belege.
- Trump behauptet, die Demokraten würden jeden Amerikaner dazu zwingen, ein Elektroauto zu kaufen, wenn sie die Wahl gewinnen. Solche Pläne existieren nicht.
- Trump behauptet, beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 sei niemand gestorben. Vier Menschen starben während der Ereignisse, ein Polizist der Kapitol-Einheit starb am darauffolgenden Tag.
Trump zu Reporterin: „Was für eine dumme Frage?“
Als eine CNN-Reporterin Trump auf seinen dünnen Terminkalender in den vergangenen Wochen ansprach, reagierte der Ex-Präsident schroff: „Was für eine dumme Frage?“ Er antwortete dennoch: „Ich rede mit euch am Telefon, ich rede im Radio, ich rede mit dem Fernsehen, das Fernsehen kommt zu mir. Entschuldigung, was machen wir denn gerade?“ Wahlkampfauftritte habe er zuletzt nur wenige gemacht, weil er in den Umfragen so weit vorne liegen würde – auch das entspricht nicht der Wahrheit – und er den Parteitag der Demokraten abwarten wolle.
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Wahlkampf-Beobachter sehen in dem Auftritt in Mar-a-Lago den Versuch, Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. Trump sei angefressen gewesen, dass die Schlagzeilen zuletzt Kamala Harris gehörten, das Momentum auf ihrer Seite war. Auch die Umfragen zeigen das.
Kamala Harris spricht viel – aber nicht mit Journalisten
Doch es steckt wohl noch mehr dahinter. Trump und seinem Team ging es darum, einen Punkt zu machen, der bisher wenig Beachtung findet – und für die Demokraten gefährlich werden könnte.
Harris ist zwar omnipräsent und hält Reden vor ihren Anhängern, aber sie redet nicht mit Journalisten. Seit Wochen gab es keine Gelegenheit für Reporter, der neuen Präsidentschaftskandidatin Fragen zu stellen. Nur mit Reportern, die sie auf der Kampagne begleiten, spricht sie gelegentlich, aber alles „off the record“, also nicht vor laufenden Kameras oder Mikrofonen.
Trump hingegen stellt sich den Fragen von Journalisten. Meist sind das zwar solche, die ihm wohlgesonnen sind, aber er traute sich auch auf die Bühne vor einer Vereinigung von Schwarzen Journalisten. Ein Gespräch, das alles andere als harmonisch ablief. Und nun eben in Mar-a-Lago. Trumps Botschaft: Ich bin hier und stelle mich. Kamala Harris traut sich nicht.
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Wahlkampf-Stratege besorgt – Harris in der Defensive
Ein namentlich nicht genannter Wahlkampf-Stratege der Demokraten, der bei früheren Präsidentschaftskampagnen mitgearbeitet hat, zählt das Harris-Team bereits an. „Sie müssen sie bald da rausbringen. Sie dürfen nicht zulassen, dass das ein Teil des Narrativs wird“, sagte er dem Portal „The Hill“. „Ich weiß, wir schwimmen gerade auf einer Welle, aber das wird bald enden. Und was ist dann?“
Nicht nur, dass Harris bislang harten Fragen von Journalisten aus dem Weg geht, auch bezüglich der TV-Duelle ist sie auf einmal in der Defensive. Harris hatte zuletzt suggeriert, Trump würde sich nicht trauen, mit ihr öffentlich zu debattieren. Doch der schlägt nun noch zwei weitere Duelle neben der inzwischen bestätigten Debatte am 10. September vor, eine am 4. September auf Fox und eine am 25. September auf NBC.
Statt sofort einzuschlagen, gab sich die Demokratin zögerlich, wie CNN berichtet. Während ihrer Reise zum nächsten Event habe sie zu Reportern gesagt: „Ich bin gerne bereit, das Gespräch über eine zusätzliche Debatte nach dem 10. September zu führen.“ Klingt so, als hätte sie wenig Lust, schon früher gegen Trump in den Ring zu steigen, und das auch noch bei seinem Haussender. Wenn sie dabei bleibt, werden die nächsten Angriffe mit Sicherheit folgen.
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