Berlin. Es waren mal wieder Marathonverhandlungen bis in den frühen Morgen. Nun aber haben sich die Spitzen der Ampel-Koalition geeinigt.
Durchbruch in der Nacht: Die Spitzen der Ampel-Koalition haben nach langen Verhandlungen einen Durchbruch beim Bundeshaushalt 2025 und beim Wachstumspaket erzielt. „Alles super“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach einer schlaflosen Nacht. In der Koalition herrsche Erleichterung, dass eine Einigung gelungen sei, hieß es aus Ampel-Kreisen. Ein Scheitern der Verhandlungen hätte die Koalition an den Rande des Zerfalls gebracht.
Scholz, Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten wochenlang über den Etat beraten. Die vergangene Nacht brachte schließlich die finale Einigung. Zunächst gab es nur wenige erste Details. Scholz sagte am frühen Freitagmorgen in einer ab 7 Uhr angesetzten Sondersitzung der SPD-Fraktion, die Koalition werde in den kommenden Jahren 20 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau ausgeben – anstatt der ursprünglich geplanten 18 Milliarden Euro. Für diese Ankündigung erhielt der Kanzler von den sozialdemokratischen Abgeordneten viel Applaus, erfuhr diese Redaktion von Teilnehmern. Die SPD hatte in den vergangenen Wochen Scholz, Habeck und Lindner immer wieder davor gewarnt, den Haushalt durch Kürzungen im Sozialen auf die Beine zu stellen.
Das Kindergeld steigt, das Rentenpaket soll kommen
Auch das Wohngeld sei gesichert, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Eine wichtige Nachricht gab es zudem für Familien: Das Kindergeld solle im kommenden Jahr, auch der Kindersofortzuschlag für bedürftige Familien im Bürgergeld werde 2025 erhöht, sagte Mützenich. Beide Beträge sollen um fünf Euro steigen. Zudem sei ein klarer Fahrplan für die Verabschiedung des Rentenpakets vereinbart worden, fügte der SPD-Politiker hinzu.
Das Rentenpaket solle in der zweiten Jahreshälfte vom Bundestag beraten werden, sodass auch der Bundesrat noch in diesem Jahr darüber entscheiden könne, sagte Mützenich. Zudem sind Investitionen des Bundes von jeweils zwei Milliarden Euro im Jahr 2025 und 2026 in die Kita-Qualität geplant. Die Mittel für Freiwilligendienste sollen auf dem Niveau bleiben, wie sie bis Ende 2023 von den Trägern abgerufen wurden.
Die Schuldenbremse bleibt angezogen
Die SPD-Fraktion hatte gefordert, die Schuldenbremse für 2025 zu lockern. Das kommt wegen des heftigen Widerstandes von Finanzminister Lindner jedoch nicht. Die Einigung der Koalition sieht vor, die Schuldenbremse im kommenden Jahr einzuhalten. Die SPD-Fraktion und mehrere Sozialverbände hatten gefordert, die Schuldenregel 2025 auszusetzen. „Die Bundesregierung muss die Schuldenbremse endlich lösen“, sagte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, dieser Redaktion.
Scholz, Habeck und Lindner wollen die Details der Einigung um 11 Uhr auf einer Pressekonferenz vorstellen. Der Bundeskanzler zeigte sich vor den SPD-Abgeordneten zufrieden mit der Einigung, die er über Wochen in zähen Verhandlungen mit Lindner und Habeck erzielt hat. „Das geht schon auf“, sagte Scholz hinter geschlossenen Türen in der Fraktionssitzung, wie diese Redaktion von Teilnehmern erfuhr.
Bundeshaushalt 2025: Verteidigungsetat soll wachsen - aber nur ein bisschen
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte nach der Sondersitzung der sozialdemokratischen Abgeordneten, bei der Einigung handele es sich zunächst einmal um den Entwurf des Etats für 2025. Die Abgeordneten wollten nun bis zum endgültigen Parlamentsbeschluss gegen Jahresende schauen, „was verändert werden muss, was wir aber auch mittragen können“.
Der Verteidigungsetat von Minister Boris Pistorius soll wachsen – wenn auch nicht so deutlich, wie der SPD-Politiker erhofft hatte. Es gebe „ein bisschen etwas“, hieß es aus Ministeriumskreisen. Das in der Nato vereinbarte Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, werde aber eingehalten. Pistorius hatte 6,7 Milliarden Euro mehr gefordert, die Einigung sieht aber nur gut eine Milliarde mehr vor. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber (FDP), begrüßte die Einigung dennoch. „Der erneute Aufwuchs des Verteidigungshaushalts unterstreicht die hohe Priorität der Modernisierung der Bundeswehr“, sagte Faber dieser Redaktion. „Die Bundesregierung setzt in ihrem Entwurf die richtigen Prioritäten für die Sicherheit unserer Republik.“
Koalitionsspitzen im Haushaltsstress
Scholz, Habeck und Lindner hatten in den vergangenen Wochen häufig verhandelt. Sie wollten eigentlich bis zu diesem Mittwoch eine Verständigung schaffen. Jetzt soll der Haushaltsentwurf am 17. Juli im Kabinett beschlossen werden. Um diesen Termin zu erreichen, war eine baldige Grundsatzeinigung nötig, weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes dann in der Regel noch etwa zehn Tage dauert. Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.
Die FDP zeigte sich zufrieden. „Die Schuldenbremse wird eingehalten. Außerdem haben die Spitzen der Koalition eine Wirtschaftswende verabredet, die unser Wachstumspotenzial deutlich erhöht“, erklärte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. „Beides ist ein sehr gutes Ergebnis für unser Land.“
Haushalt: Milliardenlücke musste geschlossen werden
Einzelne Ressorts wie das Auswärtige Amt oder das Entwicklungsministerium wollten Sparvorgaben Lindners mit Blick auf internationale Verpflichtungen zunächst nicht akzeptieren. Strittig war auch der Sozialetat. Daneben bestand immer noch eine Lücke von rund 10 Milliarden Euro, die geschlossen werden musste. Vor allem die SPD drang mit Blick auf finanzielle Belastungen durch den Ukraine-Krieg, die Schuldenbremse erneut auszusetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindners FDP kam das nicht infrage. Die SPD lehnte Kürzungen im Sozialetat ab.
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Wachstumspaket: Private Investitionen fördern
In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet. Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt nicht in Schwung. Wirtschaftsverbände beklagen seit langem Standortnachteile wie eine hohe Steuer- und Abgabenlast, einen Mangel an Fachkräften und zu viel Bürokratie.
Hier will die Regierung mit dem „Wachstumsturbo“ ansetzen. Scholz hatte bereits gesagt, die Bundesregierung wolle private Investitionen fördern. Er stellte verbesserte steuerlichen Abschreibungen für Firmen in Aussicht. Außerdem sollten die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und Arbeitsanreize erhöht werden, auch steuerlich.