Für Kapitalerträge wird eine Abgeltungssteuer fällig. Was das Abkommen für Anleger bedeutet, hier in einer Übersicht von abendblatt.de.
Berlin. Deutsche Steuerbetrüger haben in der Schweiz künftig schlechte Karten. Für Kapitalerträge in der Alpenrepublik wird bald eine Abgeltungssteuer von gut 26 Prozent fällig. Für die seit Jahrzehnten illegal in die Schweiz geschleusten Gelder ist eine einmalige Nachbesteuerung möglich. Schwarzgeldtäter können so anonym in die Legalität zurückkehren. Der deutsche Fiskus hofft nun auf Milliardenerträge. Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte mit seinen Äußerungen zum Steuergeheimnis der Schweizer eine schwere diplomatische Verstimmung mit dem Nachbarland ausgelöst. Die Nachrichtenagentur dpa hat Fragen und Antworten zum neuen Abkommen zusammengestellt:
Warum wurde das neue Steuerabkommen nötig?
Das von Bundesbürgern illegal auf Schweizer Bankkonten geparkte und unversteuerte Milliarden-Vermögen ist Deutschland seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Der deutsche Fiskus hatte keinen Zugriff auf das Geld dieser Steuerbetrüger. Das belastete auch die Beziehungen beider Länder. Die Schweiz wiederum will mit solchen Steuerabkommen – auch mit anderen Ländern – ihr Negativimage loswerden, nicht mehr als Steueroase am Pranger stehen und vermeiden, auf einer Sünderliste der internationalen Wirtschaftsorganisation OECD zu erscheinen.
Um wie viel deutsches Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten geht es?
Keiner weiß genau, wie viel Geld die Deutschen in den vergangenen Jahrzehnten heimlich über die Grenze geschafft haben. Die Schweiz pocht auf ihr Bankgeheimnis. Die Schätzungen schwanken zwischen 100 und 300 Milliarden Euro. Es ist daher auch völlig offen, welche Einnahmen Bund, Länder und Kommunen am Ende kassieren werden aus einer Besteuerung von altem Schwarzgeld und künftigen Erträgen.
Was haben Berlin und Bern konkret vereinbart?
Die Unterhändler haben jetzt ihre Monate langen Verhandlungen abgeschlossen. Es gibt nun eine Lösung für das Milliarden-Altvermögen deutscher Schwarzgeldtäter sowie eine Regelung für künftige Kapitalerträge deutscher Bankkunden in der Schweiz. Endgültig unterzeichnet und gebilligt von den Parlamenten ist das neue Abkommen aber noch nicht. Es könnte Anfang 2013 in Kraft treten.
Wie wird mit den umstrittenen „Altfällen“ umgegangen?
Anleger können ihr unversteuertes Vermögen bei eidgenössischen Banken nachversteuern – entweder anonym über eine einmalige pauschale Nachzahlung oder über Offenlegung ihrer Konten. Die strafbefreiende Selbstanzeige ist weiter ein Weg zurück zur Steuerehrlichkeit.
Wie hoch fällt diese einmalige Nachbesteuerung aus?
Die Steuersätze bewegen sich zwischen 19 und 34 Prozent. Zur Berechnung werden die Dauer der Kundenbeziehung sowie der Anfangs- und Endbetrag des Kapitals zugrundegelegt. Vermutlich wird ein Zeitraum seit dem Jahr 2000 betrachtet. Bei einer Nachbesteuerung wäre das Alt-Vermögen legalisiert. Diese „Erlöschenswirkung“ gilt aber nicht, wenn das Vermögen auf verbrecherische Weise angehäuft wurde oder wenn vor Unterzeichnung des Abkommens die deutschen Behörden Anhaltspunkte für nicht versteuerte Vermögenswerte hatten.
Und wer weiter als Steuerbetrüger unentdeckt bleiben will?
Der müsste sich neue Steueroasen auf der Welt suchen und sein Geld vor Inkrafttreten des Abkommens aus der Schweiz abziehen. Wer erklärt, dass er weder eine pauschale noch eine individuelle Nachversteuerung möchte, muss seine Konten oder Depots in der Schweiz schließen. Die Schweiz wird darüber Daten zur Verfügung stellen. Kunden sollen innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens von ihren Schweizer Banken informiert werden.
Welche Einnahmen sind aus der Nachbesteuerung möglich?
„Als Zeichen des guten Willens“ leisten Schweizer Banken zumindest eine Vorauszahlung von zwei Milliarden Schweizer Franken (aktuell gut 1,93 Milliarden Euro). Diese Vorauszahlung wird dann mit weiteren Einmalzahlungen verrechnet, die natürlich deutlich höher ausfallen können. Spekuliert wurde zuvor über eine Garantiezahlung der Banken von zehn Milliarden Franken, was aber wohl nicht durchsetzbar war.
Was gilt für künftige Kapitalerträge deutscher Bankkunden?
Sie sollen in der Schweiz ebenfalls einer Abgeltungssteuer unterliegen. Der Satz entspricht mit 26,375 Prozent der deutschen Abgabe einschließlich des Solidaritätszuschlages. Kapitalerträge werden also gleich stark besteuert. Das Geld wird an Deutschland überwiesen. Die EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung bleibt unberührt.
Was sagen Kritiker?
Sie monieren, dass sich Schwarzgeld-Täter anonym „reinwaschen“ können. Die SPD kritisiert, Steuergerechtigkeit werde den Interessen der Schweizer Banken und ihrer straffälligen deutschen Kunden geopfert. Abwegig sei, dass ausgerechnet Schweizer Banken, die Kunden bei der Steuerhinterziehung unterstützen, die Nachbesteuerung einziehen. Die Linke nennt das Abkommen „ein Belohnungspaket für deutsche Steuerkriminelle und ihre Schweizer Helfer“. (dpa)