Noch immer kann sich der UN-Sicherheitsrat nicht auf eine gemeinsame Haltung zur Gewalt in Syrien verständigen. Russen und Chinesen lehnen eine Resolution weiter ab – vielleicht geht es ja eine Nummer kleiner.
Damaskus/New York/Brüssel. Nach den neuen Gewaltexzessen in Syrien steuert der UN-Sicherheitsrat langsam auf eine gemeinsame Haltung zu. Eine gemeinsame Resolution gegen Damaskus wird es voraussichtlich nicht geben, möglich scheint aber eine sogenannte präsidentielle Erklärung. Über den Text laufen nach zähem Feilschen im Rat nun erstmals konkrete Verhandlungen. Syrische Streitkräfte verschärften unterdessen nach Angaben von Regimegegnern ihre Offensive gegen die Stadt Hama, die seit Sonntag ihr Ziel ist.
Nach fast achtstündigen Gesprächen im Sicherheitsrat in New York gelang es nach Angaben aus westlichen Diplomatenkreisen am Dienstag (Ortszeit) erstmals, ernsthafte Gespräche über eine mögliche Reaktion auf die eskalierende Gewalt in Syrien einzuleiten. Am Mittwoch sollten sie weitergehen.
Grundlage für die Beratungen war zunächst ein bereits zwei Monate vorliegender Resolutionsentwurf der europäischen Mitglieder des Sicherheitsrates. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen gelang es den Europäern, die bislang eher zögerlichen Regierungen Indiens, Brasiliens und Südafrikas aktiv in die Textverhandlungen einzubeziehen. Es hieß, dadurch sei überhaupt erst ein Einstieg in Verhandlungen mit Russland und China möglich geworden.
Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin trat nach dem Verhandlungsmarathon allerdings vor die Presse und verkündete nur, dass es am Dienstag keine Ergebnisse gegeben habe: „Bedauerlichweise konnte heute keine abschließende Lösung gefunden werden.“
Der amtierende deutsche UN-Botschafter Miguel Berger sieht zwar einen ersten Fortschritt, dämpfte am Rande der Sitzung allerdings die Erwartungen: „Wir haben uns zwar auf einen Text als Verhandlungsgrundlage geeinigt – in diesem sind allerdings noch einige substanziell strittige Punkte enthalten. Hier müssen wir noch Lösungen finden.“
Mit ihrem neuerlichen Vorstoß für eine Resolution, die die Gewalt des syrischen Regimes gegen das eigene Volk verurteilt, hatten die Europäer allerdings bei drei anderen Sicherheitsratsmitgliedern auf Granit gebissen. Trotz der jüngsten Toten in Hama und anderen syrischen Orten scheiterte das Ansinnen am Libanon, an Russland und China.
„Deshalb müssen andere Wege gefunden werden, für die eine Mehrheit möglich ist“, sagte der indische UN-Botschafter Hardeep Singh Puri, der den Rat in diesem Monat führt. Denkbar ist zum Beispiel eine präsidentielle Erklärung, die nicht das Gewicht einer Resolution hat, aber auch unter den 15 Mitgliedern, darunter Deutschland, abgestimmt würde. „Der Rat muss eine Nachricht senden, die die Situation beruhigt und nicht verschlimmert“, sagte der Inder.
Der ursprüngliche Resolutionsentwurf ruft zum Dialog auf, fordert ein Ende der Gewalt in Syrien und Hilfe für die Bedürftigen, sieht aber keinerlei Strafen vor. Trotzdem war das Papier bisher gar nicht erst zur Abstimmung gekommen, weil China und Russland deutlich gemacht hatten, dass sie es mit ihren Vetos zu Fall bringen würden. Eine Resolution braucht 9 der 15 Sicherheitsratsstimmen – und mindestens die Enthaltung der fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich.
Aus Syrien berichteten Regimegegner am Mittwoch, massive Panzerverbände seien auf den Orontes-Platz im Zentrum der Protesthochburg Hama vorgerückt. Regelmäßig seien Explosionen und Gewehrfeuer zu hören gewesen. Auch ins Zentrum der nordöstlichen Stadt Deir al-Zor sollen Panzerkolonnen eingefahren sein. Die syrischen Sicherheitskräfte hatten am vergangenen Sonntag eine Offensive gegen Hama gestartet. Allein am ersten Tag sollen an die 100 Zivilisten getötet worden sein.
Derweil streiten Regierung und Opposition in Berlin über die deutsche Politik in der Syrien-Krise. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wiesen am Mittwoch Vorwürfe zurück, sie agierten angesichts der brutalen Gewalt des Regimes von Präsident Baschar al-Assad zu passiv und unentschlossen. Merkel verfolge mit großer Sorge, wie das Regime „mit brutaler Waffengewalt gegen die eigene Bevölkerung vorgeht“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans.