Fraktionschef Kauder: Merkel soll auch nach 2013 Kanzlerin sein. Özdemir spricht in Guttenberg-Affäre vom „Todeskuss der Kanzlerin“.
Berlin/Düsseldorf. Schlechte Nachrichten im Superwahljahr für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): In einer repräsentativen Umfrage unter den Führungskräften in Deutschland erntet die Kanzlerin herbe Kritik. Wie die Umfrage des Marktforschungsinstituts Psephos für das „Handelsblatt“ ergab, zeigten sich fast drei Viertel der knapp 700 Befragten von der Politik Merkels „enttäuscht“. Vier von zehn Befragten bemängelten, ihr innerparteilicher Führungsstil habe der Partei in den vergangenen Jahren „eher geschadet“. Auch den Verzicht des scheidenden Bundesbank-Chefs Axel Weber, lange Zeit Merkels Wunschkandidat für das Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, schrieben die Manager mehrheitlich der Regierungschefin zu. Merkel habe Webers „Rat und die Fachkompetenz beim Kampf gegen die Euro-Krise nicht ausreichend gewürdigt und beachtet“, klagte fast die Hälfte der Befragten. Sie habe ihm „nicht ausreichend den Rücken gestärkt“, warfen 42 Prozent der Regierungschefin vor.
Dabei zeigte sich eine breite Mehrheit von mehr als 70 Prozent der Wirtschaftsvertreter mit der Außen- und Europapolitik der Kanzlerin insgesamt „sehr“ oder zumindest „eher zufrieden“. Speziell bei der Bewältigung der Euro-Krise habe die Regierungschefin gut agiert, urteilten die Manager aller Branchen und Unternehmensgrößen mehrheitlich. Insgesamt hielten 59 Prozent ihr Agieren für „eher gut“, weitere 23 Prozent gar für „sehr gut“. Deutlich unzufriedener zeigten sich die Manager dagegen mit der Leistung Merkels in der Innenpolitik: So äußert sich fast die Hälfte der Befragten unzufrieden über die Innenpolitik der Kanzlerin.
Dennoch setzt die Union nach den Worten von Fraktionschef Volker Kauder weiter auf Merkel. Über die Frage eines möglichen Nachfolgers für Merkel nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg „brauchen wir nicht zu diskutieren“, sagte Kauder der „Bild“-Zeitung. „Angela Merkel wird 2013 erneut zur Bundestagswahl antreten – und nach einem Erfolg für weitere vier Jahre Kanzlerin sein.“ Alles Weitere kläre sich dann. Der CDU-Politiker Kauder wies zugleich Kritik aus den Reihen der Schwesterpartei CSU zurück, den als Hoffnungsträger geltenden Guttenberg in der Plagiatsaffäre zu früh fallen gelassen zu haben. Davon könne keine Rede sein. „Wir haben uns klar und deutlich hinter den Verteidigungsminister gestellt – da gab es kein Wackeln“, sagte Kauder. Allerdings seien kritische Äußerungen von Bundestagspräsident Norbert Lammert und Forschungsministerin Annette Schavan nicht nötig gewesen.
Für den Rücktritt von Verteidigungsminister Guttenberg trägt nach Ansicht der Grünen die Bundeskanzlerin eine Mitverantwortung. „Angela Merkels Strategie, Guttenberg zu retten, indem sie die deutsche Wissenschaft der Lächerlichkeit preisgibt, war für Guttenberg der Todeskuss“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir der „Rheinischen Post“. Bei dem Versuch, ihren Verteidigungsminister zu halten, habe sie ihn in den Abgrund gezogen.
Özdemir war vor Jahren selbst von allen Ämtern zurückgetreten und nach seinem politischen Comeback zum Parteichef aufgestiegen. Ob auch Guttenberg ein solcher Weg bevorsteht, wollte Özdemir nicht voraussehen. „Da haben die Parteien und vor allem die Wählerinnen und Wähler ein Wort mitzureden.“ Vor allem hänge es davon ab, wie Guttenberg selbst damit umgehe. (abendblatt.de/dpa/AFP)