Guttenberg ist wegen persönlicher Verfehlungen zurückgetreten – und tausende Menschen gehen seinetwegen auf die Straße.
Hamburg. Vier Tage nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sind in vielen deutschen Städten Anhänger und Gegner des bisherigen Verteidigungsministers auf die Straße gegangen. In Bayern forderten am Samstag mehrere tausend Menschen ein Comeback des CSU-Politikers, der wegen der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit alle Ämter niedergelegt hat. In Hamburg, Frankfurt, Köln und Berlin blieb die Zahl der Fans dagegen weit hinter den Erwartungen zurück, unter die Demonstranten mischten sich auch zahlreiche Kritiker und Spötter.
Die größte Solidaritätskundgebung fand in Guttenbergs Heimatort statt. In der oberfränkischen Gemeinde Guttenberg versammelten sich nach Schätzungen der Polizei rund 1500 Unterstützer, die Veranstalter sprachen sogar von 4000. Unter den Demonstranten war auch der Vater, der Dirigent Enoch zu Guttenberg. Die Kritik an seinem Sohn in der Plagiatsaffäre bezeichnete der 64-Jährige als „Menschenjagd“: „Dieser Geifer und Jagdrausch der politischen Gegner macht Angst um das Verbleiben der Mitmenschlichkeit in unserem Land.“ In München forderten nach Polizeiangaben rund 500 Menschen: „Wir wollen Guttenberg“, in Rosenheim gingen etwa 300 Anhänger des CSU-Politikers auf die Straße. In Berlin versammelten sich statt der erwarteten 1000 Fans dagegen nur ein paar Dutzend Spötter vor dem Brandenburger Tor. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie „Jetzt oder nie: Monarchie“ oder „Gutti for Kaiser“. Auf dem Hamburger Gänsemarkt zählte die Polizei rund 350 Fans sowie 150 Gegendemonstranten, die auf Plakaten unter anderem „Schluss mit den Doktorspielchen“ forderten. Die Veranstalter – die Junge Union Geesthacht – hatte mit 1000 Unterstützern gerechnet.
In Frankfurt und Köln forderten laut Polizei mehrere Dutzend Bürger die Rückkehr des gefallenen Politstars, und auch hier wurden die Kundgebungen von Gegendemonstranten begleitet. Zu den Sympathiekundgebungen hatte die Facebook-Gruppe „Wir wollen Guttenberg zurück“ aufgerufen. Die Initiatoren sprechen sich auf der Internet-Plattform Facebook trotz der Plagiatsaffäre für ein politisches Comeback des 39-Jährigen aus. Bis Samstagmorgen wurde der Link „Gefällt mir“ dort 570 000 Mal angeklickt. Inwieweit es sich um echte „Unterstützer“ handelt, ist aber offen. CSU-Chef Horst Seehofer sieht seine Partei durch den Abgang Guttenbergs belastet, aber nicht geschwächt. Die Kraft der CSU sei ungebrochen, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Bild am Sonntag“. Er räumte ein, dass der Rücktritt einen schmerzlichen Verlust für die CSU darstelle. „Aber wir werden jetzt nicht vor den Tatsachen resignieren.“
Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) befürchtet hingegen, dass sich die Plagiatsaffäre und der Rücktritt negativ auf den Landtagswahlkampf der CDU niederschlägt. „Die Sache hilft uns nicht, das ist klar. Kurzfristig dämpft so etwas natürlich die Stimmung“, sagte Mappus dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“. Er zeigte sich aber trotzdem davon überzeugt, dass die CDU bei der Landtagswahl am 27. März keinen Schaden nehmen werde. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies den CSU-Vorwurf mangelnder Solidarität mit Guttenberg nochmals zurück. Zugleich räumte er in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag) aber ein, dass es einige wenige Stimmen gegeben habe, „die nicht nötig gewesen wären“. Seehofer hatte sich insbesondere über Äußerungen von Bildungsministerin Annette Schavan und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) empört. Schavan hatte gesagt, sie schäme sich als Wissenschaftlerin „nicht nur heimlich“ über den CSU-Politiker wegen des teilweise Abschreibens seiner Doktorarbeit. (dpa)