Die Klinik-Doktoren arbeiten im Durchschnitt 55 Stunden pro Woche. Der Personalmangel führt zu falschen Diagnosen und Behandlungsfehlern.
Berlin. In den deutschen Kliniken fehlen nach Erkenntnissen der Ärztegewerkschaft Marburger Bund inzwischen bis zu 12.000 Mediziner. Dies gehe zulasten der Patienten, sagte Gewerkschaftschef Rudolf Henke und stellte einen Zusammenhang zu Ärztefehlern her: „Wenn sich weniger Menschen um einen kümmern, als eigentlich vorgesehen ist, dann ist das ein Problem.“ Die Ärzte machen der Umfrage zufolge den Personalmangel zum Teil mit Überstunden wett. Von diesen werde etwa jede zweite – insgesamt 60 Millionen Stunden Mehrarbeit – nicht vergütet. Bei einem Stundensatz von 30 Euro entgingen den Medizinern damit rund eine Milliarde Euro. Durchschnittlich arbeiteten die Krankenhausärzte 55 Stunden pro Woche.
Würden die 12.000 Stellen besetzt, würde dies noch einmal einen „einstelligen Milliardenbetrag“ kosten, sagte Henke. Künftig müssten mehr Mittel in die Kliniken fließen. Der akute Personalmangel liegt laut Deutschem Krankenhausinstitut offiziell bei 5500 bis 6000 offenen Stellen. Die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler in Düsseldorf hatte zuletzt konstatiert, dass Ärztefehler häufig auf Diagnosemängel und nicht so sehr auf die Behandlung selbst zurückzuführen seien. Dies wiederum hänge damit zusammen, dass sich die Mediziner zu wenig Zeit für die Eingangsuntersuchung und Gespräche mit den Patienten nähmen.
Verschlimmert wird die Lage aus Sicht der Ärztegewerkschaft durch Papierkrieg, den die Ärzte als besonders störend empfänden: Täglich mehr als zwei Stunden bringen die Mediziner demnach nicht mit der Betreuung der Kranken, sondern am Schreibtisch zu. Hier sei dringend wirksame Entlastung gefordert.
Insgesamt ist nach der Umfrage die Zufriedenheit der Klinikärzte seit 2007 aber leicht gestiegen. Damals erklärten 53 Prozent der Befragten, sie spielten mit dem Gedanken, ihre Tätigkeit im Krankenhaus aufzugeben. Heute sind es nur noch 44 Prozent. Sehr wichtig sei den Medizinern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.