Veröffentlichung der geheimen Dokumente durch WikiLeaks könnte rechtliche Konsequenzen haben. Server in Frankreich nicht erreichbar.
München/Genf. Die jüngsten Enthüllungen der Internetplattform WikiLeaks könnten möglicherweise rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zu diesem Schluss kommt der frühere Verfassungsrichter Winfried Hassemer und schließt strafrechtliche Konsequenzen nicht aus: "Das Geheimhaltungsrecht im Strafgesetzbuch ist zwar in unserer Republik vorsichtig formuliert und wird sehr selten angewandt, könnte aber im Einzelfall verletzt sein.“ Das sagte Hassemer dem Magazin "Focus“ nach einer Meldung vom Sonntag. Bedingung dafür sei ein Beweis, dass die veröffentlichten Informationen einen Menschen in Gefahr gebracht hätten.
Der Ex-Verfassungsrichter Hassemer forderte die staatlichen Stellen auf, vertrauliche Kommunikation besser zu schützen. "Es gibt hier sicher so etwas wie die Bringschuld der Behörden, die per Mail miteinander kommunizieren“, sagte er. "Wenn die nötige Vertraulichkeit technisch nicht erreicht werden kann, dann müssen sich die Behörden andere Wege suchen.“
Die Internetplattform Wikileaks hatte vor einer Woche rund 250.000 teils vertrauliche Dokumente des US-Außenministeriums ins Internet gestellt und damit diplomatische Verwicklungen ausgelöst.
Unterdessen ist der Hauptserver der Enthüllungsplattform Wikileaks in Frankreich nicht mehr erreichbar. Dies teilten Schweizer Unterstützer des Projekts am Sonntag mit. Die Adresse wikileaks.ch werde auf einen anderen Server umgeleitet, sagte Denis Simonet von der Schweizer Piratenpartei. Dieser Vorgang könne einige Stunden dauern, unter der numerischen IP-Adresse ihres schwedischen Servers sei die Internetseite mit den seit einer Woche einsehbaren Geheimdokumenten aus dem diplomatischen Dienst der USA aber weiterhin aufrufbar.
Vorerst sei der Grund für den Ausfall des französischen Servers noch nicht genannt worden. Der französische Industrieminister Eric Besson hatte es am Freitag als "inakzeptabel“ bezeichnet, dass die Enthüllungsplattform von Frankreich aus betrieben werde und damit gedroht, den Dienst von inländischen Servern zu verbannen.
Die internationale Webadresse von Wikileaks war bereits am Donnerstag von dem US-Unternehmen EveryDNS abgeschaltet worden. Die Verwalter von Wikileaks.org hatten erklärt, die Abschaltung sei notwendig geworden, da es wiederholt zu Angriffen auf die Adresse gekommen sei, was die gesamte Infrastruktur des EveryDNS-Netzwerkes gefährdet habe.
Die Internet-Adresse wikileaks.ch, die am Freitag zur Hauptseite der Enthüllungsplattform wurde, steht unter der Kontrolle der Schweizer Piratenpartei. Der Schweizer Domain-Name wird jedoch über einen Server der französischen Firma OVH betrieben.