In einem mit Spannung erwarteten Hirtenbrief will der Papst Stellung zum Missbrauchsskandal beziehen. Jetzt hat er ihn unterzeichnet.
Rom. Die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen sorgen seit Wochen für deutschlandweite Empörung. Obwohl die Rufe nach einer Entschuldigung des Papstes immer lauter wurden, äußerte er sich direkt bisher nicht dazu. Auch nicht nachdem vor einer Woche der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, ihn von den vielen Fällen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Geistliche in Deutschland berichtet hatte. Einen Hirtenbrief kündigte Benedikt stattdessen an.
Jetzt hat er das mit Spannung erwarteten Dokument unterzeichnet. Das Schreiben, das vor allem an die irische Kirche wegen der dortigen tausendfachen Missbrauchsfälle gerichtet ist, wird allerdings erst an diesem Samstag veröffentlicht. In Deutschland sind die Erwartungen hoch, dass sich Benedikt in dem Brief auch konkret zu den zahlreichen Fällen in seinem Heimatland äußert. In Rom hieß es, der Papst wolle klare Wege aufzeigen, wie Pädophilie in der Kirche ausgemerzt werden soll.
Joseph Ratzinger hatte am Mittwoch angekündigt, das Dokument an seinem Namenstag – dem Heiligen Josef gewidmet – zu unterschreiben. „Meine Hoffnung ist, dass der Hirtenbrief euch hilft auf dem Weg der Reue, der Heilung und Erneuerung“, hatte er gesagt.
Eigentlich war der Brief auf Italienisch und auf Englisch für die irischen Katholiken für den Dezember geplant. Er verzögerte sich offenbar wegen der jüngsten Skandalwelle auch in anderen europäischen Ländern. Der Vatikan will am Samstag auch kurze Zusammenfassungen in anderen Sprachen veröffentlichen, was dafür spricht, dass der Hirtenbrief eine gewisse Länge hat.
Bereits im Februar hatte Benedikt die gesamte irische Bischofskonferenz zu einem Krisengipfel nach Rom zitiert, um seine Forderung nach „null Toleranz“, Aufarbeitung und Vorbeugung von Missbrauch zu bekräftigen. Danach wurden immer mehr, teilweise lange zurückliegende Fälle auch in Deutschland bekannt – unter anderem im Erzbistum München des damaligen Erzbischofs Joseph Ratzinger sowie bei den über viele Jahre von seinem Bruder Georg Ratzinger geleiteten Regensburger Domspatzen. Dies verstärkte den Ruf aus seiner Heimat noch, Benedikt solle sich persönlich zu diesem Skandal äußern.