Mit Hohn und Spott hat die Opposition die Regierung bei der Haushaltsberatung überzogen. Der Kanzlerin warf SPD-Fraktionschef Steinmeier Versagen vor.
Mit scharfen Angriffen gegen die schwarz-gelbe Koalition hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Generaldebatte zum Haushalt 2010 im Bundestag in Berlin eröffnet. „So schlecht wurde Deutschland seit Jahrzehnten nicht regiert“, sagte Steinmeier in Berlin. Er warf der Regierung aus Union und FDP vor, sie habe kein gemeinsames Projekt, sei zerstritten und verspiele so das Vertrauen der Bürger.
Steinmeier griff auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) direkt an: „Frau Merkel, Sie sind dafür verantwortlich, dass die Regierung ihre Aufgaben nicht übernimmt.“ Er forderte: „Tun Sie endlich Ihre Pflicht: Bringen Sie Ordnung in den Laden.“
Steinmeier verlangte eine strikte Regulierung der Finanzmärkte, deren Akteure die weltweite Finanzkrise ausgelöst und nun auch Griechenland fast in den Ruin getrieben hätten. „Stoppen Sie die Finanzjongleure, die sich da ein ums andere Mal auf Kosten der Allgemeinheit bereichern“, forderte Steinmeier die Kanzlerin auf.
Der SPD-Fraktionschef verlangte, Leerverkäufe von Wertpapieren und den spekulativen Handel mit Kreditausfall- versicherungen zu verbieten. „Legen Sie Hedgefonds an die Kette“, rief er der Kanzlerin auf. Die Koalition sei aber in sich zerstritten und nicht handlungsfähig. „Wer soll denn glauben, dass diese Regierung in der Lage ist, die Macht von Banken und Börsen einzuschränken?“, fragte Steinmeier.
Merkel nahm diese Tonlage in ihrer Rede demonstrativ nicht auf. Sie sagte: „Diese Regierung ist handlungsfähig.“ Deutschland stehe in den nächsten Jahren vor einer „Herkulesaufgabe“. Wachstum müsse geschaffen und Schulden müssten abgebaut werden, während sich die Alterstruktur der Gesellschaft dramatisch verändern werde, sagte die Kanzlerin. So müssten künftig wegen der Schuldenbremse jährlich zehn Milliarden Euro abgebaut werden. „Wir werden schwierige Sparmaßnahmen vor uns haben“, räumte Merkel ein. Sie hob aber hervor, die beste Strategie sei dabei, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen. Dies entlaste nicht nur den Haushalt, sondern schaffe auch Teilhabe für die Menschen.
Die Kanzlerin verwies insbesondere auf die Ausgaben in Höhe von 40 Milliarden Euro für das Arbeitslosengeld II. Einsparungen an dieser Stelle würden auch für die Kommunen eine „massive Entlastung“ bedeuten. Dabei nannte Merkel vor allem die Zuverdienstgrenzen, die geändert werden müssten. Hier gebe es eine „Barriere„: Anfangs sei bis zu einem Betrag von etwa 150 Euro der Zuverdienst sinnvoll, danach seien die Abzüge so hoch, dass es praktisch keinen Unterschied mehr mache. Von den fünf Millionen ALG-II-Empfängern seien derzeit 1,4 Millionen zusätzlich erwerbstätig, aber die Mehrzahl mit einer Tätigkeit unter 200 Euro.
Neben einer klugen Strategie heraus aus den Konjunkturprogrammen sei daher in den nächsten Jahren eine Wachstumsstrategie für Arbeitsplätze nötig, sagte Merkel. Der SPD hielt die Kanzlerin ein verfehltes Konzept bei ihren Hartz-IV-Vorschlägen vor.
Die Rekordverschuldung im Haushalt 2010 in Höhe von 80,2 Milliarden Euro verteidigte Merkel mit Verweis auf die Wirtschafts- und Finanzkrise. Sie hob hervor, „dass wir in diesem Jahr weiter eine Krise bekämpfen müssen, die uns im vergangenen Jahr einen Wirtschaftseinbruch von fünf Prozent gebracht hat“. Merkel erinnerte dabei an bisherige Erfolge im Kampf gegen die Krise, darunter die im europäischen Vergleich deutlich geringer gestiegene Arbeitslosigkeit, die wieder leichten Wachstumsraten und die Stabilisierung des Finanzsektors. „Es ist richtig, den Kurs weiterzuverfolgen“, sagte Merkel. Sie verstehe aber die Sorgen der Menschen angesichts der Verschuldung.