Wie soll der deutsche Einsatz in Afghanistan künftig aussehen? Kanzlerin Merkel hat Details einer neuen Strategie bekannt gegeben.
Berlin. Die Bundesregierung will 500 Bundeswehrsoldaten zusätzlich nach Afghanistan schicken. Zudem sollen 350 Soldaten als flexible Reserve zur Verfügung stehen, kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin an. Sie könnten in besonderen Situationen – etwa bei der Absicherung der Parlamentswahlen im Herbst – eingesetzt werden. Der Einsatz der 350 Soldaten müsse aber jedes Mal vom Verteidigungsausschuss genehmigt werden. Die Gesamtstärke des Bundeswehr-Kontingents würde damit von derzeit 4500 Soldaten auf 5000 bis 5350 steigen. Zusätzlich soll die Zahl der Polizeiausbilder von 123 auf 200 erhöht und die Mittel für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes nahezu verdoppelt werden.
So soll die Aufbauhilfe ab 2010 von 220 Millionen Euro auf 430 Millionen Euro pro Jahr erhöht und für den Rest der Legislaturperiode auf diesem Niveau verstetigt werden. Mit dem Geld solle erreicht werden, dass künftig 75 Prozent der Menschen in Nordafghanistan Zugang zu Beschäftigung haben statt bisher 30 Prozent. Zudem sollen 700 Kilometer neue Straßen gebaut werden. Jeder zweite Afghane soll Zugang zu Energie und Trinkwasser erhalten (bisher 22 Prozent), 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen zur Schule gehen können.
Merkel kündigte zudem einen Strategiewechsel für den deutschen Einsatz in Afghanistan an. Im Mittelpunkt stehe dabei die Ausbildung von Sicherheitskräften. Als Ziel setzt sich die Regierung, rund 172.000 einheimische Soldaten und 134.000 Polizisten auszubilden. Bislang sind 280 deutsche Soldaten mit der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte befasst. Es solle bald aber „1400 Soldaten geben, die Ausbildung leisten“, sagte Merkel. Ein Teil der dafür benötigten zusätzlichen Kräfte soll durch Umschichtungen im Rahmen des bestehenden Kontingents zusammenkommen.
Die Ausbildung erfolgt hauptsächlich im Feldlager. Die deutschen Soldaten, die sich künftig der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte widmen, sollen laut Merkel einen neuen Ansatz verfolgen, der den Schutz der Bevölkerung gleichzeitig mit einbeziehe. So sollen die Soldaten die Feldlager öfter verlassen und die afghanischen Sicherheitskräfte auf ihren Patrouillen begleiten.
Ein Aspekt des deutschen Strategiewechsels soll auch die Wiedereingliederung von Taliban sein. Um sie von ihrem radikalen Weg abzubringen, wolle die internationale Gemeinschaft einen Fonds von insgesamt 350 Millionen Euro aufbauen. An dem Fonds wird sich Deutschland in zweistelliger Millionenhöhe beteiligen, erklärte Merkel.
Ein Zieldatum für den Abzug der Bundeswehr nannte die Kanzlerin nicht. Die Afghanistan- Mission bleibe ein gefährlicher Einsatz. Für eine reale Abzugsperspektive müsse zunächst Stabilität geschaffen werden.
Im Hinblick auf die Londoner Afghanistan-Konferenz am Donnerstag zeigte sich Merkel zuversichtlich, dass „die deutsche Handschrift auch in der internationalen Gemeinschaft sichtbar sein wird“. Deutschland gehe „gut vorbereitet in die Konferenz“.