Wochenlang haben Bund und Länder um die Steuersenkungen gepokert. Jetzt stimmten selbst die größten Kritiker im Bundesrat zu.
Die neue schwarz-gelbe Bundesregierung hat ihre umstrittenes Milliarden-Steuerpaket doch noch rechtszeitig vor Jahresfrist unter Dach und Fach gebracht. Der Bundesrat stimmte mit der knappen Mehrheit der sieben von Union und FDP geführten Länder für das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Die Entlastungen über insgesamt 8,5 Milliarden Euro für Familien, Unternehmen, Erben und Hoteliers können damit wie geplant zum 1. Januar 2010 in Kraft treten.
Was beinhaltet das Wachstumsbeschleunigungsgesetz?
Für die neue Regierung von Kanzlerin Angela Merkel stellt sich damit nach einem schwierigen Start mit Ministerrücktritt und Dauerstreit in zentralen politischen Fragen vor dem Jahreswechsel doch noch ein erster Erfolg ein. Bis zum Vortag war die Mehrheit in der Länderkammer wegen der Vorbehalte von Schleswig-Holsteins Regierungschef Peter Harry Carstensen und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich nicht gesichert. Insbesondere Schleswig-Holstein wehrte sich. Das hoch verschuldete Land beklagt zusätzliche Einnahmeausfälle durch das Steuerpaket und pochte auf Ausgleichszahlungen. Widerstand kam aber auch aus Sachsen.
Die Entscheidung für ein Ja im Bundesrat fiel erst am Donnerstagabend bei einem Treffen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Unionsfraktionschef Volker Kauder mit den Ministerpräsidenten von CDU und CSU. Nach Angaben mehrerer CDU-Regierungschefs wie Christian Wulff (Niedersachsen) und Roland Koch (Hessen) hat der Bund eine Reihe von politischen Zusagen zugunsten der Länder und Kommunen gegeben. Er wolle diese in der Steuerpolitik nicht mehr über Gebühr zu belasten und bei Bildung, Jobcentern und Wohnungskosten für Langzeitarbeitslose entgegenkommen. Wulff erklärte, er rechne auch fest damit, dass der Bund zur Finanzierung höherer Bildungsausgaben den Ländern einen Mehrwertsteueranteil abgebe. Die Entscheidung darüber fällt allerdings erst im kommenden Sommer.
Allerdings blieben die Zusagen offenbar sehr vage. Kanzleramtsminister Pofalla, der die in Kopenhagen beim Klimagipfel weilende Kanzlerin vertrat, erklärte, die Länder habe allein das Wachstumsbeschleunigungsgesetz überzeugt. Der saarländische CDU- und Regierungschef Peter Müller begründete seine Ablehnung des Steuerpakets damit, dass es keinen Ausgleich des Bundes für die knapp vier Milliarden Steuereinbußen bei Ländern und Kommunen geben.
Carstensen, der wochenlang auf eine Kompensation gepocht hatte und in der Abschlussdebatte des Bundesrates auf eine Rede verzichtete, zeigte sich dennoch zufrieden. „Das Kämpfen und der Widerstand haben sich gelohnt – nicht nur für Schleswig-Holstein, sondern auch für die anderen Länder.“ Er verwies auf die Ankündigung der Kanzlerin, dass der Bund künftig mehr für Bildung ausgeben wolle. Allerdings waren diese Gelder bereits im Oktober von Union und FDP im Koalitionsvertrag zugesagt worden.
Der sächsische Ministerpräsident Stanislav Tillich deutete an, dass die Bundesregierung die Vergaberichtlinien für Mittel aus dem Konjunkturpaket II lockern wollte. Dafür seien gesetzliche Änderungen erforderlich.
Der rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck verwies dagegen für die SPD-Länder auf die einhellige Kritik aller Sachverständigen an dem Gesetz, die die erhoffte Wachstumswirkung anzweifeln und die damit zusätzlichen Schulden kritisieren. Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum schloss bei weiteren Finanzbelastungen für die Länder einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht nicht aus. Das müsse prüfen, ob es zulässig sei, dass der Bund den Ländern eine Schuldenbremse auferlege und er es ihnen andererseits unmöglich mache, diese Begrenzung der Schulden einzuhalten.