Mit der Linken oder lieber nicht: Nach ihrer schweren Wahlniederlage streitet die SPD über den richtigen Kurs gegenüber der politischen Konkurrenz.
Hamburg. Führende Sozialdemokraten haben die Partei angesichts der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl vor einem Linksruck gewarnt. Wenn die SPD künftig nur noch die Interessen eines Teils der Gesellschaft vertrete, sinke sie ab zur „Klientelpartei“, heißt es in einem Beitrag des gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier für die "Welt am Sonntag". Das aber sei der falsche Weg: „Die SPD muss Volkspartei bleiben“, schreibt der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion weiter.
Auch Thüringens SPD-Landeschef Christoph Matschie mahnt, die Bundespartei solle auf ein Bündnis mit der Linkspartei verzichten. „Ein Linksruck hilft der SPD überhaupt nicht“, sagte der Landespolitiker der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“. Die SPD müsse breit aufgestellt bleiben. "Sie muss wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung miteinander verbinden", sagte Matschie. Als Grund für seine Ablehnung von Links-Bündnissen führte Matschie die mangelnde Koalitionsfähigkeit der LInken im Bund an. "Sie macht Fundamentalopposition und ist außen- wie europapolitisch nicht ernst zu nehmen. So lange das so ist, kann die SPD im Bund keine Bündnisse mit der Linkspartei eingehen.“
Steinmeier verwies darauf, dass die SPD bei der Bundestagswahl fast 1,4 Millionen Wähler an Union und FDP verloren habe. „Wir haben sie nicht überzeugen können, dass die SPD heute auch für wirtschaftlichen Fortschritt steht.“ Die SPD müsse klarmachen, dass sie „die erste Adresse für soziale Gerechtigkeit“ sei, schreibt Steinmeier weiter. Die SPD verbinde das Soziale mit dem wirtschaftlich Vernünftigen „besser als jede andere politische Kraft“. Nun sei es wichtig, sich als Volkspartei zu profilieren, „die die Spaltung der Gesellschaft in Resignierte und Abgehängte, in zornige Protestwähler und zynische Egoisten des individuellen Erfolgs verhindert“.
Der frühere Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Rudolf Dreßler, forderte hingegen seine Partei auf, sich auf ein mögliches Bündnis mit den Linken einzustellen. „Die SPD muss endlich anerkennen, dass sie nicht mehr den Alleinvertretungsanspruch für die politische Linke hat“, sagte Dreßler der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung „Neue Westfälische“. „Es gibt für die SPD nur eine strategische Möglichkeit: Sie muss sich in Richtung rot-rot-grün bewegen“, so der frühere deutsche Botschafter in Israel. Dreßler rief die SPD auf, ihre Fehler zu erkennen: „Ich nenne nur als Stichwort die Agenda 2010“.
Matschie verteidigte in seinem Interview überdies seinen Verzicht auf eine Linkskoalition in Thüringen. „Ich bin davon überzeugt, dass Erfolg oder Misserfolg der SPD nicht davon abhängen, in welcher Koalition sie ist, sondern davon, wie glaubwürdig und gut sie Politik macht. Wir haben in einem Mitgliederentscheid vor der Wahl gesagt, dass wir einen Ministerpräsidenten der Linkspartei nicht für verantwortbar halten. Die SPD hat sich nach der Wahl an diese Aussage gehalten. Das finde ich auch richtig. Eine Partei, die sich wie die Linke nicht entscheiden kann zwischen Fundamentalopposition und Regierungsverantwortung, kann nicht den Ministerpräsidenten stellen.“