Wegen Moratorium und Wartungsarbeiten laufen gerade nur 4 der 17 Meiler. Ein totaler Stromausfall sei deshalb jedoch nicht zu befürchten.
Berlin. Die vorübergehende Abschaltung eines Großteils der 17 deutschen Atomkraftwerke birgt nach Angaben der Bundesnetzagentur nicht die Gefahr eines Blackouts. „Die Lage ist kritisch, aber noch beherrschbar“, bekräftigte ihr Präsident Matthias Kurth. Die Netzbetreiber seien vorbereitet und steuerten gegen. Zudem liege der Stromverbrauch derzeit auch nicht auf Spitzenniveau.
Für rund eine Woche liefern nur noch 4 der 17 Atommeiler Strom. Neben den im Rahmen des Atommoratoriums stillstehenden acht AKW und vier weiterer wegen Wartungsarbeiten abgeschalteten Anlagen geht auch das RWE-Kernkraftwerk Emsland bei Lingen für drei Wochen vom Netz.
Der Präsident der Bundesnetzagentur geht dennoch davon aus, dass das Netz stabil gehalten werden kann. „Revisionsarbeiten bei einem Kohlekraftwerk wurden verschoben“, sagte Kurth. Die Situation werde auch dadurch etwas entschärft, „dass wir durch viel Sonnenschein derzeit viel Solarenergie produzieren.“
Anders wäre es im Winter. „Dann haben wir es mit hohem Verbrauch zu tun, aber vergleichsweise wenig Einspeisung aus Solarenergie im Süden“, sagte Kurth. Aber wenn es im Sommer durch lange Hitzeperioden zu Niedrigwasser in den Flüssen komme, könnte die Lage ebenfalls kritisch werden. „Kraftwerke, die auf Kühlung angewiesen sind, müssen bei Niedrigwasser eventuell abgeschaltet werden. Das betrifft nicht nur Kernkraftwerke, sondern kann auch konventionelle Kraftwerke betreffen.“
Unterdessen hat die CSU als erste der drei Berliner Koalitionsparteien ein konkretes Datum für den Atomausstieg gesetzt - das Jahr 2022. Ohne Gegenstimmen votierte der CSU-Vorstand am Freitagabend für den Kurs des Parteichefs Horst Seehofer. Seehofer setzte sich damit gegen die Gegner eines schnellen Atomausstiegs in seiner Partei durch. Bayerns Umweltminister Markus Söder sprach von einem „historischen Tag“ für die CSU.
Den Vorstoß des CDU-Wirtschaftsrates für einen Volksentscheid zur Atompolitik kritisierte Grünen-Chef Cem Özdemir als „durchsichtiges Ablenkungsmanöver“. Grundsätzlich seien die Grünen für mehr Beteiligung der Bürger, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Wenn die Union dies jetzt plötzlich auch wolle, müsse sie im Bundestag eine Verfassungsänderung zur Regelung der direkten Demokratie einbringen.
Die Grünen im Bundestag fordern auch eine Überarbeitung der Flugrouten, um das Unfall- und Anschlagsrisiko für AKW zu minimieren. „Wenn nach Fukushima Sicherheit wirklich zum höchsten Maßstab wird, muss man sich wohl auch solche Maßnahmen überlegen“, sagte die atompolitische Sprecherin, Sylvia Kotting-Uhl, der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag). Zurzeit führen die Flugrouten von Verkehrsmaschinen uneingeschränkt auch über Atommeiler. „Ein Ausschlusskriterium bei der Routenerstellung (...) sind Atomkraftwerke nicht“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Flugsicherung dem Blatt.
Ein eigenes Konzept für eine Energiewende kündigte der Bundesverband mittelständische Wirtschaft an. Aus Sicherheitsgründen sei auch der Mittelstand für einen Atomausstieg, sagte sein Präsident Mario Ohoven im Deutschlandradio Kultur. Nur gehe dies nicht von heute auf morgen. Besonders die Kosten seien für den Mittelstand ein zentraler Punkt. Schon heute machten die Energiekosten im Durchschnitt zehn Prozent der Gesamtkosten eines mittelständischen Betriebs aus. „Die Energie muss bezahlbar bleiben, wir brauchen Versorgungssicherheit, und ein wichtiger Aspekt ist die Nachhaltigkeit“, sagte Ohoven. (dpa/rtr)