Kommission der Universität Bayreuth kommt zu vernichtendem Urteil. „Freiherr zu Guttenberg hat wissenschaftliche Standards grob verletzt.“
Hamburg/Bayreuth. Die Plagiats-Affäre um den entzogenen Doktortitel von Karl-Theodor zu Guttenberg trägt nun einen amtlichen Stempel. Der zurückgetretene Verteidigungsminister hat absichtlich getäuscht – das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Universität Bayreuth. Die Hochschule hatte ihm den akademischen Grad eines Doktors der Jurisprudenz entzogen, nachdem Vorwürfe aufgetaucht waren, Guttenberg habe bei seiner Doktorarbeit abgekupfert, ohne die Zitate wissenschaftlich korrekt zu belegen. Guttenberg hatte die höchste Note „summa cum laude“ erhalten. Die zuständige Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ der Uni Bayreuth schrieb in ihrem Abschlussbericht: „Nach eingehender Würdigung der gegen seine Dissertationsschrift erhobenen Vorwürfe stellt die Kommission fest, dass Herr Freiherr zu Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat.“
In dem Bericht heißt es weiter, über die ganze Arbeit verteilt fänden sich Stellen, die als Plagiat zu qualifizieren seien. Besonders deutlich lasse sich dies anhand der verwendeten Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages veranschaulichen. Den kompletten mehr als 40-seitigen Bericht der Selbstkontroll-Kommission wollen Hochschulpräsident Rüdiger Bormann und der Kommissionsvorsitzende Stephan Rixen am kommenden Mittwoch vorstellen. Eine Mitverantwortung von Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle und des Zweitgutachters Rudolf Streinz im Rahmen des Promotionsverfahren sieht die Kommission aber nicht. Allerdings hätte die Benotung der Doktorarbeit mit dem Prädikat „summa cum laude“ einer ausführlicheren Erklärung bedurft, hieß es. Es sei nicht ersichtlich, welche hervorstechenden Thesen oder besonderen Ergebnisse der Arbeit die Vergabe der Höchstnote gerechtfertigt hätten.
Nach Überzeugung der Kommission hat sich Guttenberg immer wieder die Autorenschaft für fremde Texte angemaßt. Das setze bewusstes Vorgehen voraus. Dafür sprächen eine Vielzahl von Indizien wie Umformulierung der Originaltexte, Umstellung der Syntax, Verwendung von Synonymen und einzelne Auslassungen. Guttenberg hatte der Kommission am 26. April eine dreiseitige Stellungnahme zu den Vorwürfen übermittelt. Über deren Inhalt wurde am Freitag noch nichts bekannt.
In ihrem Bericht gibt die Kommission der Hochschulleitung auch Empfehlungen, wie die Betreuung von Doktoranden verbessert werden kann. Einzelhalten sollen ebenfalls am Mittwoch bekannt gegeben werden. Dann soll der komplette Bericht auch im Internet unter www.uni-bayreuth.de veröffentlicht werden. Nach längerem Zögern hatte Guttenberg der Veröffentlichung zugestimmt. Dies sei im Interesse der Aufklärung des Sachverhalts und zum Schutze des Ansehens der Universität Bayreuth geschehen.
Guttenberg war vor zwei Monaten von allen Ämtern zurückgetreten. Zuletzt waren auch Vorwürfe gegen die Doktorarbeiten einer Stoiber-Tochter und von Silvana Koch-Mehrin (FDP; Vizepräsidentin des EU-Parlaments) aufgetaucht. Bei Guttenberg hatten sich Tausende Nachwuchswissenschaftler in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Einhaltung akademischer Standards eingesetzt. Wie die Staatsanwaltschaft Hof mit dem Verdikt der Uni umgeht, ist noch unklar.