Der Rückhalt für Guttenberg ist trotz Plagiatsurteils groß. Unions- und FDP-Politiker schließen Rückkehr des Ex-Verteidigungsministers nicht aus.

Bayreuth/Berlin/München. Das dicke Ende kommt bekanntlich zum Schluss: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sieht sich auch nach seinem Rücktritt als Bundesverteidigungsminister unruhigen Zeiten entgegen. Am Mittwoch wurde der Abschlussbericht zu Untersuchung der Doktorarbeit Guttenbergs veröffentlicht, und darin erhebt die Universität Bayreuth schwere Vorwürfe gegen den CSU-Politiker. Guttenberg habe beim Abfassen seiner inzwischen aberkannten Doktorarbeit "die Sorgfaltswidrigkeit zum bewussten Arbeitsstil erhoben“, sagte der Vorsitzende der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft“, Prof. Stephan Rixen, am Mittwoch bei der Vorlage des Abschlussberichts. Die Kommission spricht von bewusstem Fälschen. Die Fälschungen durchzögen die Arbeit „als werkprägendes Arbeitsmuster“.

Zuvor hatte Uni-Präsident Prof. Rüdiger Bormann angekündigt, als Konsequenz aus der Plagiatsaffäre einheitliche Qualitätsmaßstäbe für Promotionsverfahren zu erarbeiten. Dazu will sich die Hochschule externen Sachverstand holen. In ihrem Bericht kommt die Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ zu dem Schluss, dass Guttenberg bei seiner Doktorarbeit die Standards guter wissenschaftlicher Praxis grob verletzt und die Prüfungskommission vorsätzlich getäuscht hat.

Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Am 1. März legte Guttenberg sein Ministeramt nieder. In einer Stellungnahme zum Abschlussbericht räumte Guttenberg gravierende Fehler bei seiner Doktorarbeit ein. Die Arbeit sei ihm "teilweise über den Kopf gewachsen“.

Rückhalt für Guttenberg

Unterdessen ist auch nach dem eindeutigen Plagiatsurteil der Uni Bayreuth der Rückhalt für Guttenberg in der Politik groß. Regierungssprecher Christoph Steegmans sagte am Mittwoch in Berlin, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihre Meinung über den ehemaligen Verteidigungsminister nicht geändert. Sie nehme die Stellungnahme der Universität sehr ernst. Genauso ernst nehme sie aber das, was Guttenberg ihr in "vertraulichen Gesprächen“ dargelegt habe.

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Der designierte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) schlossen eine Rückkehr zu Guttenbergs auf die politische Bühne nicht aus. Kritik kam von der Linken.

Regierungssprecher Steegmans erklärte, die Kanzlerin sei froh, dass Einvernehmen hinsichtlich der Veröffentlichung des Universitätsberichts hergestellt worden sei. Guttenberg hatte sich zuerst gegen die Veröffentlichung gewehrt. Sie wies darauf hin, dass Guttenberg „tief greifende persönliche Konsequenzen“ gezogen habe. Merkel hatte dem CSU-Politiker noch kurz vor dessen komplettem Rückzug aus der Politik eine "ausgezeichnete Arbeit“ als Minister bescheinigt und gesagt, das sei das, was für sie zähle.

Bahr verteidigt Guttenberg

In einem vorab veröffentlichten Interview des Magazins "GQ“ kritisierte Bahr: "Mir ist nicht bekannt, dass man mit dem gleichen öffentlichen Aufruhr an die Doktorarbeiten von Journalisten oder Wirtschaftsführer gegangen ist.“ Dennoch würden Schwächen von den Menschen verziehen. "Guttenberg wird irgendwann auch wieder zurückkehren“, sagte der FDP-Politiker.

Der frühere bayerische Ministerpräsident Beckstein erklärte in München: "Jeder hat eine zweite Chance verdient“. Er halte Guttenberg für ein großes Talent, von dem die CSU ganz offensichtlich keine Überfülle habe. Die Rückkehr des ehemaligen Verteidigungsministers auf die politische Bühne werde gleichwohl sicher noch eine gewisse Zeit dauern.

+++ Universität entzieht Stoiber-Tochter den Doktortitel +++

Für eine Fortsetzung der politischen Karriere Guttenbergs sprach sich auch der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Ernst Hinsken, aus. Der "Mitteldeutschen Zeitung“ (Donnerstagausgabe) sagte der CSU-Politiker, Guttenberg sei für die Politik eine große Bereicherung gewesen und werde das auch in Zukunft bleiben. Er hoffe, dass er nach einer gewissen Auszeit wieder bereit sei, in die Politik einzusteigen. "Was hier vorgefallen ist, sollte man nicht überbewerten.“

Der frühere CSU-Generalsekretär Thomas Goppel rechnet indes nicht mit einem politischen Comeback. In einer solchen Situation ziehe man sich wohl „am besten aus der Szene zurück“, sagte er im Deutschlandfunk. Er schloss allerdings mittelfristig eine Rückkehr Guttenbergs ebenfalls nicht aus. So könnte sich eine Lage ergeben, bei der "wir in der Politik dankbar sind, wenn ein Talent wie er im Prinzip sich wieder betätigt“.

Reformen bei Doktorarbeiten gefordert

Nach Auffassung der stellvertretenden Vorsitzenden und forschungspolitischen Sprecherin der Fraktion die Linke, Petra Sitte, machen der Fall Guttenberg und andere Plagiatsaffären deutlich, dass das deutsche System der Nachwuchsförderung dringend reformiert werden müsse. „Doktorväter und -mütter sind bisher Arbeitgeber, Betreuer, Mentoren und Prüfer zugleich. Diese Beziehungsgeflechte sind offensichtlich der wissenschaftlichen Selbstständigkeit der Promovierenden, der Objektivität der Prüfenden und damit der wissenschaftlichen Qualität abträglich“, erklärte sie.

Der Münchner Juraprofessor und Plagiatsexperte Volker Rieble lobte unterdessen die Arbeit der Kommission der Universität Bayreuth. Es sei bestmöglich belegt, dass zu Guttenberg beim Verfassen seiner Dissertation absichtlich getäuscht habe. "Das ist alles sauber herausgearbeitet“, sagte Rieble dem Hamburger Onlineportal stern.de. (dpa/dapd/abendblatt.de)