Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger fordert die Landesinnenminister zur Aufnahme von Häftlingen auf.
Hamburg. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat die Landesinnenminister aufgefordert, sich zur Aufnahme von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo bereit zu erklären. "Ich bin schon enttäuscht, dass die Innenminister der Länder sich nicht entscheiden können, ob sie ein Signal setzen wollen, dass die Bundesrepublik einen Beitrag zur Schließung von Guantánamo leistet unter Berücksichtigung unserer Sicherheitsanliegen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger nach Abschluss der Innenministerkonferenz (IMK) am Freitag in Hamburg dem Abendblatt. "Ich hätte erwartet, dass die Innenminister der Länder Bundesinnenminister de Mazière in seinem richtigen Bemühen unterstützen."
De Maizière unterrichtete seine Länderkollegen in einem vertraulichen Kamingespräch im Gästehaus des Senats zum wiederholten Mal über "die Prüfbitte der Amerikaner". Der CDU-Politiker hatte sich zuvor offen für die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen gezeigt.
Die US-Regierung, die das Gefangenenlager für Terrorverdächtige schließen will, dringt auf die Aufnahme von Häftlingen, die sie als nicht gefährlich einstuft. "Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen", sagte de Maizière. Doch er zeigte sich zuversichtlich, dass es schließlich eine "verantwortungsvolle Haltung der Innenministerkonferenz" geben werde. Bis dahin, sagte der IMK-Vorsitzende, Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), gebe es für die Bundesländer keinen Anlass zur Positionierung. Bisher haben sie überwiegend ablehnend reagiert. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) machte am Freitag deutlich, er sei so klar dagegen, "dass mich die Bundesregierung dazu gar nicht förmlich befragen wird".
Verärgert reagierten die Innenminister auf Leutheusser-Schnarrenbergers Einlassungen zur Strafverschärfung bei Gewalt gegen Polizisten. Die Ministerin hatte zwar eine Erhöhung des Strafrahmens bei "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" von zwei auf drei Jahre angekündigt, anderen "martialischen Verschärfungen" aber im Abendblatt eine klare Absage erteilt. "Ich kann die Äußerungen von Frau Leutheusser-Schnarrenberger nicht verstehen", sagte Ahlhaus.
Die Innenminister einigten sich auf eine Strafanhebung auf drei Jahre, wollen aber zusätzlich erreichen, dass Polizisten nicht nur bei einer Vollstreckung, also etwa bei Festnahmen, sondern während der gesamten Dienstzeit geschützt sind. Außerdem sollen in den Schutzbereich des entsprechenden Strafrechtsparagrafen auch Rettungskräfte und Feuerwehrleute aufgenommen werden. Das sei in den Koalitionsverhandlungen so vereinbart worden, sagte de Maizière. "Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende der Diskussion einen Entwurf haben, der den Koalitionsvereinbarungen entspricht."
Die Innenminister verständigten sich in Hamburg auch auf eine härtere Gangart gegen Rockerkriminalität. Es sollen Verbote geprüft, alle strafrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und ein intensiverer Informationsaustausch zwischen den Bundesländern erfolgen. Der Friedensschluss zwischen den verfeindeten Hells Angels und den Bandidos am Mittwoch spielte dabei keine Rolle: "Medial inszenierte Friedenspfeifen interessieren die Innenminister herzlich wenig", betonte der IMK-Vorsitzende Ahlhaus. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) stellte klar: "Es handelt sich dabei nicht um Folkloregruppen, sondern um organisierte Kriminalität."
Auf dem Feld der Internetkriminalität wollen die Sicherheitsbehörden stärker mit der Wirtschaft zusammenarbeiten, um Angriffe auf Netze in den Griff zu bekommen. Dazu soll die Schaffung einer Zentralstelle der Wirtschaft gegen Internetkriminalität geprüft werden. Außerdem sollen die Unternehmen verpflichtet werden, Hackerangriffe den Sicherheitsbehörden zu melden.