Nach Diplomatenangaben wollen die EU-Finanzmister finanzschwache Euro-Länder zukünftig mit bis zu 600 Milliarden Euro unterstützen.
Brüssel. Die EU will finanzschwache Euro-Länder wie Griechenland künftig mit beispiellosen Milliardenbeträgen vor einer Staatspleite retten. Auf einem Krisentreffen diskutierten die EU-Finanzminister am Sonntagabend in Brüssel nach Angaben von Diplomaten einen insgesamt 600 Milliarden Euro schweren Rettungs- Mechanismus. Die EU will mit diesem einmaligen Schritt das Vertrauen in den angeschlagenen Euro stärken, bevor in der Nacht zum Montag die internationalen Finanzmärkte öffnen.
Wie Diplomaten berichteten, sollen bis zu 60 Milliarden Euro Kredite von der EU-Kommission kommen, ähnlich der Zahlungsbilanzhilfen für schwächelnde Nicht-Euro-Länder wie Ungarn, Lettland und Rumänien. Auf diese neue Kreditmöglichkeit habe es bereits eine grundsätzliche Einigung gegeben. Bilaterale Kredite der Euro-Staaten von insgesamt bis zu 440 Milliarden Euro sollten in dem Fall eingesetzt werden, wenn ein oder mehrere Euro-Länder von der Pleite bedroht sind. Von der Kommission zuvor vorgeschlagene Kreditgarantien der Euro-Länder seien von Deutschland und den Niederlanden abgelehnt worden. Die beiden Länder hätten sich gegen die zentrale Stellung der Brüsseler EU-Behörde bei der Rettungsaktion gewehrt. Die Kommission hätte die Kredite aufgenommen, von Euro-Staaten verbürgen lassen und dann an Krisenstaaten weitergereicht.
Damit hätte auch die sogenannte „No-Bailout-Klausel“ (in etwa: „Kein-Herauskaufen“) im EU-Vertrag umgangen werden sollen, die es eigentlich verbietet, dass ein Euro-Land für die Schulden eines anderen einstehen darf. Zusätzlich zu den 500 Milliarden Euro der Europäer kämen nochmals bis zu 100 Milliarden Kredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF), berichteten Diplomaten weiter. Der IWF ist bereits mit 30 Milliarden Euro Krediten für den schwer angeschlagenen Schuldensünder Griechenland mit im Boot.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière leitete die deutsche Delegation. Während des brisanten Krisentreffens war Finanzminister Wolfgang Schäuble in ein Brüsseler Krankenhaus gebracht werden. Er hatte offensichtlich ein Medikament nicht vertragen. Der seit einem Attentat im Rollstuhl sitzende Schäuble hat sich nach einer Routine-Operation vor Ostern nicht vollständig erholt. Dem 67-Jährigen ging es am Abend zwar verhältnismäßig gut, er sollte dennoch über Nacht zur Beobachtung in der Klinik bleiben.
Ebenfalls am Sonntag telefonierte US-Präsident Barack Obama mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die danach die zuständigen Bundesminister zu einer rund einstündigen Sitzung im Kanzleramt zusammenrief. Beobachter werfen Deutschland seit Wochen einen Verzögerungskurs vor. Der Euro ist wegen der griechischen Schuldenkrise massiv unter Druck geraten und hat gegenüber dem Dollar erheblich an Wert eingebüßt.
Erst am Freitag hatten die EU-Staats- und Regierungschefs ein einmaliges, 110 Milliarden Euro schweres Rettungspaket für Griechenland beschlossen, um das Land vor der Pleite zu retten. Da die Krise auf andere Euro-Länder wie Spanien und Portugal überzugreifen droht und um die nervösen Finanzmärkte zu beruhigen, wollen sich die 27 EU-Länder jetzt grundsätzlich auf ein Notfallsystem einigen. „Wir werden den Euro verteidigen“, sagte die spanische Finanzministerin und amtierende Ratsvorsitzende Elena Salgado.