New York. Nach der Ermordung eines Konzernchefs in New York spürt die Polizei einen 26-Jährigen auf. Bei sich trug er ein vielsagendes Dokument.

Seit Tagen hält ein brutaler wie mysteriöser Mordfall in New York die Amerikaner in Atem. Mitten in Manhattan wird der Konzernchef einer Krankenversicherung kaltblütig erschossen. Ein Video der Tat verbreitet sich rasant im Internet und befeuert eine öffentliche Jagd auf den bis dahin unbekannten Schützen. Jetzt hat die Polizei einen tatverdächtigen 26-Jährigen gefasst. Noch am späten Montagabend (Ortszeit) erhob die New Yorker Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn.

Wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht, wird der Festgenommene Luigi M. des Mordes zweiten Grades, mehrfachen illegalen Waffenbesitzes und der Dokumentenfälschung beschuldigt. Ist der gewaltsame Tod des Konzernchefs Brian Thompson damit fünf Tage nach der Tat in New York aufgeklärt?

Manhattan-Mord: Polizei fasst Verdächtigen bei McDonald‘s

450 Kilometer entfernt von der Millionenmetropole hatten Beamte den verdächtigen jungen Mann wenige Stunden zuvor in einer McDonald‘s-Filiale in der Stadt Altoona aufgegriffen. Ein Mitarbeiter der Fast-Food-Kette im US-Bundesstaat Pennsylvania hatte den Mann von den Fahndungsfotos aus Manhattan wiedererkannt und den Notruf gewählt.

Nach tödlichen Schüssen auf US-Versicherungschef
Das McDonald‘s-Restaurant in der Stadt Altoona, in dem ein Angestellter den Verdächtigen wiedererkannt hat. © DPA Images | Gene J. Puskar

Zunächst wurde der 26-Jährige wegen unerlaubten Schusswaffenbesitzes festgenommen. Eine Freilassung auf Kaution habe man ihm verwehrt, wie die Polizei mitteilte. Unmittelbar nach der Festnahme bezeichneten die Ermittler Luigi M. zunächst noch als „Person von starkem Interesse“ in dem Mordfall. Wenig später erhärtete sich der Tatverdacht.

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Mord von Manhattan: Verdächtiger trug Waffe mit Schalldämpfer

Schon bei der Festnahme habe sich M. laut Polizei verdächtig verhalten. Als er von einem Beamten gefragt wurde, ob er in jüngster Zeit in New York gewesen sei, habe der junge Mann zu zittern begonnen. Nach Angaben des Chefermittlers Joseph Kenny hatte er eine Waffe bei sich, die mit einem Schalldämpfer ausgestattet war. Es handelt sich offenbar um den gleichen Waffentyp wie die Tatwaffe, mit der Brian Thompson erschossen wurde.

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Wie die „New York Times“ außerdem berichtet, zeigte M. bei seiner Festnahme einen gefälschten Ausweis, ganz ähnlich dem, den der mutmaßliche Schütze am Abend vor der Tat in einer New Yorker Unterkunft vorgelegt hatte. Dem Bericht zufolge hatte er auch eine handgeschriebene Erklärung dabei, in der er spezifisch den Versicherungskonzernen Profitgier vorwirft.

New Yorker Polizei enthüllt Details über Festgenommenen

Was die New Yorker Polizei bei der Pressekonferenz weiter über ihren Tatverdächtigen enthüllt, ist erstaunlich. Demnach stamme Luigi M. aus einer prominenten und „wohlhabenden“ Familie der Hafenstadt Baltimore im Osten der USA. So unterhalte die Familie beispielsweise eine Stiftung mit einem Vermögen von fast 4,5 Millionen Dollar.

Der Angeklagte sei Software-Entwickler mit einem Master-Abschluss der University of Pennsylvania. An der zur sogenannten Ivy League gehörenden Elite-Uni war er auch Mitglied der Studentenverbindung Phi Kappa Psi. Zuletzt habe er auf Hawaii gelebt.

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Bei seiner Festnahme am Montag trug er ein mehrseitiges Dokument bei sich, in dem er laut Polizei „böswillige Absichten gegenüber der amerikanischen Wirtschaft“ zum Ausdruck brachte.

Darin heißt es etwa: „Diese Parasiten haben es verdient“ und „Ich entschuldige mich für jeglichen Streit und das Trauma, aber es musste sein“, wie ein Polizeibeamter gegenüber dem US-Sender CNN sagte. Man gehe davon aus, dass der mutmaßliche Schütze allein gehandelt habe.

Video von Mord in Manhattan verbreitet sich online

Der Chef des Krankenversicherungskonzerns UnitedHealthcare, Brian Thompson, war am vergangenen Mittwoch in New York auf offener Straße erschossen worden. Vor einem der bekanntesten Luxushotels Manhattans hatte der Täter den 50-Jährigen mit Schüssen in den Rücken getötet.

Tödliche Schüsse vorm Hilton-Hotel. Die New Yorker Polizei suchte diesen Verdächtigen.
Tödliche Schüsse vorm Hilton-Hotel. Die New Yorker Polizei suchte diesen Verdächtigen. © AFP | -

Die Tat wurde von einer Überwachungskamera aufgenommen, deren Video inzwischen millionenfach online angesehen und weiterverbreitet wurde. Auf den Fahndungsfotos ist der Schütze relativ deutlich zu erkennen. 

Für seine Ergreifung hatte die Polizei 10.000 Dollar Belohnung ausgesetzt. Nach Erkenntnissen der Ermittler floh er zunächst zu Fuß vom Tatort und dann mit einem Fahrrad zum Central Park. Später nahm er wohl einen Bus, um New York zu verlassen.

Verdächtiger passe auf die Beschreibung der gesuchten Person

Luigi M. passe „auf die Beschreibung der Person, nach der wir gesucht haben“, sagte der New Yorker Bürgermeister Eric Adams. „Außerdem ist er im Besitz mehrerer Gegenstände, von denen wir glauben, dass sie ihn mit diesem Vorfall in Verbindung bringen.“ Die Festnahme sei auf Grundlage von „guter, altmodischer Polizeiarbeit“ gelungen.

Mann in New York niedergeschossen
Spurensicherung vor dem Eingang des Hilton Hotels. Ein Ermittler fotografiert Kugeln, die auf dem Bürgersteig liegen. © DPA Images | Stefan Jeremiah

UnitedHealthcare ist einer der größten Krankenversicherer der USA, hat 440.000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 371 Milliarden Dollar (353 Milliarden Euro). Thompson stand seit 2021 an der Spitze des Unternehmens. 

Hasserfüllte Kommentare über US-Krankenkassen

Seine Ermordung hatte für Erschütterung gesorgt, im Netz aber auch zu einer Serie hämischer und hasserfüllter Kommentare geführt. Der Fall offenbart die Wut vieler Amerikaner auf das marode Gesundheitssystem. Vielen Krankenversicherern in den USA wird vorgeworfen, sich auf Kosten der Patienten zu bereichern.

Einige Nutzer verherrlichten den in Wohlstand aufgewachsenen Mörder von Manhattan als eine Art Rächer für die Profitgier der Konzerne – und riefen in sozialen Netzwerken gar zu weiteren Gewalttaten auf.