Stade-Bützfleth. Bürgerinitiative protestiert gegen Kraftwerk-Plan und alarmiert Stadtrat. Doch von 55 Politikern kommt nur eine einzige Antwort.

Es herrscht Ausnahmezustand in Stade-Bützfleth. In den nächsten Jahren soll dort Deutschlands größtes Altholz-Heizkraftwerk entstehen. Eine Bürgerinitiative (BI) hat sich aus Umweltschutzgründen bereits öffentlich gegen die Pläne des Energiekonzerns Hansekraft ausgesprochen – und jüngst den Stadt- und Ortsrat um Stellungnahme gebeten. So wurden die insgesamt 55 Ratsmitglieder laut BI dazu aufgefordert, ihre persönliche und parteipolitische Sichtweise darzulegen. Doch das gewünschte Echo verhallte kläglich: Nur die Linke hat sich bislang geäußert.

Kraftwerk im Stader Hafen: Anwohner empört über Schweigen der Politik

„Alle anderen sahen sich nicht in der Lage, ihre Meinung in Worte zu fassen! Das ist empörend“, tobt Dr. Jan Witt. Als Sprecher der BI tut er seinen Unmut in einer aktuellen Pressemitteilung kund. Den angeschriebenen Politikern wirft er Untätigkeit vor und kritisiert: „Steht der lokale Fraktionszwang vor der politischen und persönlichen Verantwortung, stets den maximalen Schutz der Bützflether Bürger in den Vordergrund zu stellen?“ Dass die Linke als einzige Partei auf die Rundmail geantwortet und sich „kritisch eingebracht“ habe, schätzt Witt dafür umso mehr.

Geplantes LNG-Importterminal in Stade
Ein Schiff fährt auf der Elbe. Im Hintergrund: das Industriegebiet Stade-Bützfleth. © picture alliance/dpa | Sina Schuldt

Denn diese noch unveröffentlichte Rückmeldung der Linken ist alles, was der BI aus zwei Anläufen geblieben ist: Weder die erste Aufforderung Ende November noch die Erinnerungsmail Anfang Dezember brachte weitere Reaktionen. So zumindest die Aussage der Initiative, die sich vom Stadt- und Ortsrat eigentlich „politische Unterstützung in dem anstehenden Verfahren“ erhofft hatte. Rechtlich verpflichtet sind die jeweiligen Politiker hierzu nicht. Ohnehin ist es das Genehmigungsaufsichtsamt Lüneburg, das über die finale Umsetzung des Kraftwerks entscheidet. Und trotzdem, so Witt, „spricht ein solches Verhalten Bände“.

Altholz-Heizkraftwerk in Stade-Bützfleth geplant – das ist der Hintergrund

Zwar keine Unterstützung, aber Antworten erhielt die BI im Oktober vonseiten der Hansestadt Stade und des Energiekonzerns. Beiden Seiten hatte die Initiative zuvor einen Fragenkatalog vorgelegt. Ziel dieser Maßnahme war es, zentrale Streitpunkte zu klären. Doch stattdessen sorgten die Antworten für zusätzlichen Dissens: Während die Stadt in einigen Punkten die Verantwortung von sich wies, habe Hansekraft die Bedenken nicht beschwichtigen können, monierte die BI.

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Es sind Bedenken, die sich vorwiegend auf die Umweltfreundlichkeit der Anlage beziehen. Laut Hansekraft besteht jedoch kein Grund zur Sorge – ganz im Gegenteil. Schließlich wolle man Altholz als Ersatz für fossile Energiequellen zur „nachhaltigen Energiegewinnung“ nutzen. Hansekraft-Geschäftsführer Jörg Dobbrunz sagt hierzu: „Holz ist ein natürlicher und nachwachsender Rohstoff, der mehrfach wiederverwendet werden kann. Doch irgendwann hat das Holz das Ende der stofflichen Nutzung erreicht und kann thermisch noch sinnvoll verwertet werden.“ Ein Ablauf, der „nahezu klimaneutral“ sei, heißt es auf der Website.

Bürgerinitiative plant Treffen mit Hansekraft: Wenn zwei sich streiten, dann?

Daran haben die BI und zahlreiche Umweltverbände jedoch ihre Zweifel. In einem gemeinsam veröffentlichten Infopapier stehen etwa die CO₂-Emissionen in der Kritik: „Holz setzt bei der Verbrennung mehr CO₂ frei als fossile Energieträger wie Kohle und Gas!“ Außerdem: Da Holz nicht in dem Tempo nachwachsen könne, in dem es verbrannt wird, sei die Verbrennung von Holzbiomasse „nicht nachhaltig“. Auch in weiteren Belangen werden Hansekraft „falsche Versprechungen“ vorgeworfen. Für Witt ist klar, das Kraftwerk dürfe nicht gebaut werden. Klar ist jetzt aber auch, dass er dabei auf die Politik wohl kaum zählen kann.

Kran hebt Altholz an Recycling Recyclinghof Wertstoffhof *** Crane lifts waste wood Recycling Recycling yard Recycling y
Berge voller Altholz könnten künftig auch das Industriegebiet Stade-Bützfleth zieren. © IMAGO/mix1 | IMAGO stock

Als nächsten Schritt visiert die BI daher ein Treffen mit Hansekraft an, fernab von Presse und Politik. Das erklärte Ziel: ein fachlicher Austausch vor dem Hintergrund der Position der BI. In der Pressemitteilung heißt es, ein Gesprächstermin für Januar 2025 werde gerade vereinbart. Ob beide Parteien dann aufeinander zugehen oder sich nur weiter entfremden, bleibt abzuwarten. Beide Szenarien scheinen zumindest möglich.

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Ebenso unklar wie der Ausgang des Gesprächs ist der weitere Verlauf des Verfahrens: Hansekraft plant jedenfalls, bereits im Herbst 2025 die Genehmigungsunterlagen beim Gewerbeaufsichtsamt einzureichen. Dann wird ein Antragsverfahren eröffnet, das unter Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet. Sollte der Energiekonzern auch hier seinen Gegnern trotzen, könnte Mitte 2026 der Bau und Ende 2028 der Betrieb des Kraftwerks anlaufen. Vor beiden Seiten liegt also noch ein weiter Weg.