Buchholz/Nordheide. Massive Probleme befürchtet: Verkehrschaos, Vereine in Not, bis zu 14 Kilometer Umweg. Ob es eine Behelfsbrücke geben wird, ist unklar.

Ein Damoklesschwert hängt über der Stadt Buchholz und seiner verkehrsmäßig schon jetzt überlasteten Innenstadt: Die Kreisstraße 54 (Bendestorfer Straße), der kürzeste Weg von Buchholz nach Bendestorf, Klecken und Hittfeld, führt über eine 70 Jahre alte Bahnbrücke, die Risse im Beton zeigt. Wasser dringt an die Stahlträger und lässt sie rosten, so dass das Bauwerk dringend erneuert werden muss.

Ob es eine Behelfsbrücke geben wird, ist laut Landkreis Harburg fraglich. Das jenseits der Brücke gelegene Sportzentrum mit der Nordheidehallte, dem Buchholz Bad, den Sportanlagen der Vereine DLRG, Blau-Weiss Buchholz, die Fußballplätze von BFC und TSV 08, die Skateranlage sowie das Tierheim und die Wohngebiete an der Herrenheide/Klecker Weg wären mit Baubeginn von der Kernstadt abgeschnitten. Noch schlimmer: Die Feuerwehr, deren Mitglieder meist im Privat-PKW zur Wache an der Bendestorfer Straße kommen, um von dort mit den Löschwagen zu dringenden Einsätzen zu fahren, sollen mit Beginn des Brückenprojekts statt über die Brücke dann über den Langen Sal/Itzenbütteler Weg rumpeln, eine derzeit mit Schlaglöchern übersäte Schotterpiste. Das könnte eine deutliche Zeitverzögerung beim Löschen und bei der Rettung von Menschenleben zur Folge haben.

Brücke Buchholz
Zu den Leidtragenden des Brückenabrisses ohne Bereitstellung einer Ersatzbrücke würde unter anderem der Verein Blau-Weiss Buchholz mit seinem Vereinsgelände und der auch bei auswärtigen Gästen beliebten Kletterhalle gehören. © HA | nanette franke

Nach dem derzeitigen Planungsstand des Kreises soll den Autofahrern und auch den Bussen, die Kinder aus den Buchholzer Schulen zum Schwimmen ins Buchholz Bad bringen, eine Umleitungsstrecke von 14 Kilometern zugemutet werden, die über Vaensen-Eckel-Klecken führt. Die Brücke selbst soll während der Bauarbeiten – Abriss und Neubau – auch für Fußgänger und Radfahrer gesperrt bleiben.

Verkehr in Buchholz: Keine der möglichen Lösungen stößt auf große Akzeptanz

Kinder und Jugendliche aus der Südstadt hätten noch die Möglichkeit, über einen – teilweise dichtgewachsenen - Trampelpfad entlang der Kleingärten zu Training, Sport und Spaß am Holzweg zu gelangen. Die Fußgänger und Radfahrer aus dem Norden könnten sich einen Weg durch den mit Kopfsteinen gepflasterten, unbeleuchteten und oft überschwemmten Bahntunnel Herrenheide/Holzweg bahnen. Dass keine dieser Lösungen auf große Akzeptanz stoßen dürfte, liegt nahe.

Die Schäden an der Brücke sind seit 2018 bekannt. Der Landkreis Harburg sei noch immer in der Planungsphase, teilt Pressesprecherin Katja Bendig mit. Die Bauarbeiten würden vermutlich erst 2028 beginnen, so Bendig weiter. Hintergrund: Der Bahnbrücke an der K23 bei Königsmoor, die nur noch einspurig befahrbar ist, wurde wegen der Dringlichkeit der Vorzug bei der Sanierung gegeben. Noch ein weiterer Grund dürfte für den Aufschub verantwortlich sein: Für Bauarbeiten in Gleisnähe bedarf es einer Genehmigung der Deutschen Bundesbahn.

Brücke Buchholz
Die Nordheidehalle, der Ort, an dem die Handball-Zweitligisten „Luchse“ auf ihre Gegner treffen und wo unter anderem auch das A-Lateinteam von Blau-Weiss Buchholz auf Weltklasseniveau trainiert, wäre deutlich schwerer zu erreichen. © HA | nanette franke

Und diese gibt die Strecke Hamburg/Bremen im Bereich Buchholz erst 2028 frei, und das voraussichtlich auch nur für schmale Zeitfenster in der Nacht. Für Abriss und Neubauphase rechnen Kenner deshalb mit einer Bauzeit von mindestens zwei Jahren. Aktuell werden die Gesamtkosten bei 5,935 Millionen Euro veranschlagt, wovon der Landkreis 3,835 Millionen übernimmt und die Stadt Buchholz 0,215 Millionen, so Kreis-Sprecher Andres Wulfes.

Für den Sportverein Blau-Weiss Buchholz könnte der Brückenbau das Aus bedeuten

Viele Bürger bringt diese Planung schon jetzt zur Verzweiflung. Für den 6200 Mitglieder zählenden Sportverein Blau-Weiss Buchholz könnte der Brückenbau ohne Behelfsbrücke gar das Aus bedeuten. Arno Reglitzky, der die großzügigen Anlagen des Buchholzer Sportzentrums entscheidend vorangetrieben und in der Corona-Zeit als Blau-Weiss-Vorsitzender sogar mit seinem Privatvermögen für den Verein gehaftet hatte, sieht sein Lebenswerk bedroht. „Die 14 Kilometer-Umleitung wird  nicht angenommen“, ist er sicher. „Wer zu uns kommt, um ein bisschen Gymnastik zu machen, sucht sich dann eben einen anderen Verein, der leichter mit dem Auto zu erreichen ist“, sagt er.

Auch die zahlreichen Senioren und Mitglieder mit körperlichem Handicap, für die Blau-Weiss inzwischen sogar die Tennisplätze behindertengerecht gestaltet hat, seien auf das Auto und vernünftige Verkehrsverbindungen angewiesen. Reglitzky, der für die FDP im Kreistag sitzt, ist sich darüber klar, dass sein Verein den befürchteten drastischen Mitgliederrückgang nicht kompensieren kann. „Diese Planung ist eine Unverschämtheit. Mit uns, den betroffenen Vereinen, hat niemand gesprochen“, sagt er und appelliert an die Stadt Buchholz, sich für eine „Behelfsbrücke zur Abwendung der absehbaren Notlage für Anlieger“ zu engagieren.

Brücke Buchholz
Für die Kicker des Buchholzer FC dürfte der Weg zu den Fußballplätzen in Zukunft deutlich länger werden. © HA | nanette franke

Im Buchholzer Rathaus trifft er damit auf offene Ohren: „Die Buchholzer Stadtverwaltung hat sich in den vergangenen Jahren stets und immer wieder für eine Behelfsbrücke im Verlauf der Bendestorfer Straße stark gemacht, allerdings hat der Landkreis diese Möglichkeit mit dem Argument der hohen Kosten abgelehnt“, teilt Buchholz-Pressesprecherin Jasmin Eisenhut mit.

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Nachhaltiger sei allerdings eine andere Lösung: nämlich eine neue Rad- und Fußgängerbrücke im Verlauf Radeland / Itzenbütteler Straße, die für die Dauer Brückenbauarbeiten an der Bendestorfer Straße so ertüchtigt würde, dass auch Fahrzeuge, z.B. Rettungswagen, passieren könnten. Diese Option, die die Stadt auch im Hinblick auf die Erschließung der geplanten Oststadt mit bis zu 1.500 Wohneinheiten favorisiert, liege derzeit zur näheren Prüfung beim Landkreis, so Eisenhut.