Buchholz. Im April waren 300.000 Liter Wasser ausgelaufen. Schäden noch größer, als befürchtet. 50 Jahre altes Hallenbad als Ausweichmöglichkeit.
Während in der Kreisstadt Winsen für 35.000 Einwohner gerade zusätzlich zum funktionstüchtigen Freizeitbad ein rund 11 Millionen Euro teures Naturbad gebaut wird, sind im benachbarten Buchholz, mit über 42.000 Einwohnern deutlicher Bevölkerungsschwerpunkt des Landkreises Harburg, die Aussichten für Schwimmfans eher düster. Wie Dr. Christian Kuhse, Geschäftsführer der Stadtwerke Buchholz, dem Abendblatt bestätigte, wird das Sportbecken, das größte Becken im Freibad Buchholz, auch im kommenden Jahr geschlossen bleiben. Wie schon im Sommer 24 sollen lediglich das Kombibecken und das Kinderbecken zur Verfügung stehen. Außerdem soll das Hallenbad als Ausweichmöglichkeit genutzt werden.
Durch einen möglicherweise zu spät entdeckten unterirdischen Leitungsschaden waren im Buchholz Bad im April 24 rund 300.000 Liter Wasser ausgetreten und hatten das Sportbecken, das als Stahlwanne in den Trog des ursprünglich 50 Meter langen Hauptbeckens eingelassen ist, stark verformt. Ein Millionenschaden. Gutachter waren vor Ort. Die Prüfungen sind nach Angaben von Dr. Kuhse noch nicht abgeschlossen, womit die Frage offenbleibt, ob die Versicherung zahlt und wenn ja, wieviel.
Buchholzer Badgeschichte stand selten unter einem guten Stern
Schon 2020, während der Corona-Pandemie, war das Buchholz Bad in der Sommersaison geschlossen geblieben, als einziges im Landkreis Harburg. Die in die Jahre gekommene Anlage galt als zu eng, um einen ausreichenden Abstand der Besucher zu gewährleisten. Überhaupt stand die Buchholzer Badgeschichte selten unter einem guten Stern: Im August 72 wurde das Hallen- und Freibad an der Herrenheide – damals ein 7-Millionen Projekt, eingeweiht.
„Es übersteigt unsere finanzielle Leistungskraft“, erkannte damals Stadtdirektor Albert Haupt. Als die Bilanzen in den 80er Jahren in den Keller gingen, wurde ein Spendenkonto eingerichtet. Um nicht allzu tief in das städtische Geldsäckel greifen zu müssen, verhandelte die Stadt 1988 mit einem Pforzheimer Investor. Der wollte Buchholz ein privat geführtes Spaßbad, genannt Aquadrom, bescheren. Doch nachdem die Verhandlungen schon ziemlich weit gediehen waren, stellte sich heraus, dass gegen den windigen Unternehmer gerade ein Gerichtsprozess wegen unseriösen Geschäftsgebarens lief.
Das Spaßbadprojekt wurde abgeblasen, das Buchholz Bad saniert, was in Teilen eine Verzwergung bedeutete: Aus dem 50 Meter-Freibadschwimmbecken wurde ein 25-Meter-Becken, der 10 Meter-Sprungturm wurde abgerissen ebenso wie die Sauna. Während umliegende, teils deutlich kleinere Städte wie etwa Rotenburg/Wümme, Buxtehude oder Winsen wie selbstverständlich über große Saunen verfügen, verzichtet Buchholz seither auf öffentliche Wellnesseinrichtungen.
Auch in der neuen Saison wird das Team einiges stemmen müssen
Doch die Buchholzer bleiben ihrem Bad offenbar treu: Wie Dr. Kuhse mitteilt, sei in 2024 trotz des Schadens kein Besucherrückgang zu verzeichnen gewesen, was den erheblichen Anstrengungen des Bad-Teams unter Leitung von Hans Wurlitzer zu verdanken sei. Auch in der neuen Saison wird das Team einiges stemmen müssen: Fünf städtische und neun Schulen des Landkreises nutzen das Hallenbad, dazu mit Blau-Weiss Buchholz und dem TSV Buchholz 08 zwei Vereine, die nicht nur Schwimmunterricht für Anfänger geben – Wartelisten sind eingerichtet – sondern auch sportlich ambitionierte und erfolgreiche Schwimmabteilungen betreiben.
„Der Schul- und Schwimmunterricht von Vereinen findet weiter uneingeschränkt in unserem Hallenbad statt“, beruhigt Dr. Kuhse. Im kommenden Jahr sollen sogar mehr Kinderschwimmkurse als bisher angeboten werden. Doch für die Leistungssportler, speziell die Triathleten, ist der sich abzeichnende erneute Mangel an Wasserflächen „ein echtes Drama“, so Arno Reglitzky, stellvertretender Vorsitzender von Blau-Weiss Buchholz.
„Wir brauchen mehr Flächen in der Halle“, bringt er es auf den Punkt. Angesichts der fortgesetzten Schließung des Freibad-Hauptbeckens ist die Konkurrenz um Platz im Buchholzer Hallenbad noch stärker geworden. „Bisher sind unsere Sportler schon in andere Bäder ausgewichen, aber auch dort ist die Bereitschaft, uns Hallenzeiten zu überlassen, stark gesunken“, beklagt Reglitzky.
Weitere Materialschäden können nicht ausgeschlossen werden
Er gibt zu bedenken, dass das Hallenbad der bevölkerungsstarken Nordheidestadt inzwischen über 50 Jahre alt ist, weitere Materialschäden können also nicht ausgeschlossen werden. Und die Motivation des tüchtigen Badteams könne angesichts des fortgesetzten Engpasses auf Dauer buchstäblich baden gehen.
„Angesichts der Gesamtsituation prüfen wir verschiedene Optionen inklusive ihrer Finanzierungsmöglichkeit“, lässt Dr. Kuhse wissen. Arno Reglitzky wird deutlicher: Das Bad Buchholz sei finanztechnisch abgeschrieben, eine neuerliche Sanierung werde vermutlich genauso teuer sein wie ein Neubau. Mögliche Option sei eine Halle mit großen Fenstern, die im Sommer geöffnet werden könnten, Kostenpunkt: mindestens 13 Millionen.
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Woran sich die Frage anschließt, ob sich Buchholz, immer noch wachsendes Mittelzentrum in der Region, ein Schwimmbad überhaupt noch leisten will. Reglitzky hat dazu eine eindeutige Meinung: Er fordert ein „qualifiziertes Schwimmbad mit guten Chancen für umfassenden Schwimmunterricht für Kinder“. Auch das Freibad ist für ihn ein „ein Muss“, trage es doch zu „sozialem Frieden in unserer Gesellschaft“ bei.