Buxtehude. 190 Kinder müssen für mehrere Wochen ins Homeschooling. Stadtelternrat übt massive Kritik: Stadt hat die Schulen zu lange vernachlässigt.
Deutschland, deine Schulen! Viele Lehranstalten im Land befinden sich in einem erschreckenden Zustand und auch in der scheinbar wohlhabenden Hansestadt Buxtehude ist das nicht anders. Dort musste gestern einen komplette Schule bis auf weiteres geschlossen werden - wegen Schimmelbefalls. Es ist nicht das einzige Schulproblem, das Buxtehude hat (wir berichteten).
Schimmel-Befund im Schulzentrum Süd Buxtehude birgt einige Gesundheitsrisiken
Ein Schimmel-Befund kann für die Nutzer der betroffenen Räumlichkeiten eine Reihe von Gesundheitsrisiken mit sich bringen. Wenn Schimmelsporen und Bestandteile in den Räumen umherfliegen und von Menschen permanent eingeatmet werden, können bei erhöhter Konzentration unter anderem schwere Allergien, Vergiftungserscheinungen oder Infektionen die Folge sein.
Schule war schon einmal dicht: Zu viele kranke Lehrer
Es ist nicht bekannt, ob der aktuelle Schimmelbefall bereits Konsequenzen für Schüler oder Lehrkräfte gehabt hat. Doch bereits eine Woche vor der Verkündigung der Schulschließung musste die Hauptschule am Schulzentrum Süd schon einmal für einen Tag geschlossen werden, weil sich zu viele Lehrer krankgemeldet hatten. Ob das mit der seit ein paar Wochen bekannten Schimmel-Diagnose in Zusammenhang stand, konnte allerdings nicht bestätigt werden. Messungen hatten jedenfalls ergeben, dass im Erdgeschoss in einzelnen Räumen besonders hohe Konzentrationen von Schimmelpilzsporen vorlagen.
Elternrat tief besorgt wegen der Gesundheit der Schüler
Die Gesundheitsgefahren liegen auf der Hand. Auch der Stadtelternrat der Hansestadt Buxtehude zeigt sich deshalb wegen des Schimmel-Befalls im Hauptschulgebäude „tief besorgt um die Gesundheit der Lehrer- und Schülerschaft“. Deshalb begrüße die Elternvertreter ausdrücklich die von Buxtehudes Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt getroffene Maßnahme, teilt der Elternrat dem Abendblatt auf Nachfrage mit.
Wann der Schimmelbefall aufgefallen ist
Wie berichtet, hatte Oldenburg-Schmidt am vergangenen Montag verkündet, die Schimmel-Schule ab Dienstag „vorsichtshalber“ schließen zu wollen. Wie ein Besuch vor Ort zeigte, ist dies auch geschehen. Während am Gymnasium der Unterricht lief, war das Gebäude der Hauptschule verwaist. Die rund 190 Schülerinnen und Schüler sollen zunächst eine Woche online zuhause unterrichtet werden, voraussichtlich ab 25. November sollen dann Räume des benachbarten Gymnasiums genutzt werden.
Währenddessen sollen weitergehende Untersuchungen und Proben vorgenommen werden. Die Ursache für den Schimmel ist noch nicht identifiziert. Der Schimmelbefall war offenbar bei Brandschutz-Bauarbeiten aufgefallen. Auch das Lehrerzimmer ist offenbar betroffen. Zunächst waren nur vereinzelte Räume gesperrt worden. Auch Klassen der angrenzenden Realschule waren in den maroden Räumlichkeiten untergebracht.
Home Schooling ist eine Katastrophe für Eltern
Zwar befürwortet der Stadtelternrat die Schließung der Schule unter den gegebenen Umständen, übt aber dennoch scharfe Kritik: „Die Schulschließung verschlimmert die ohnehin schon schwierige Situation am Campus Süd im Hinblick auf Raumnot, Unterrichtsversorgung und Zusammensetzung der Schülerschaft“, sagt Marc Höper, Vorsitzender des Buxtehuder Stadtelternrats. Besonders der jetzt wieder anstehende Online-Unterricht stoße auf Ablehnung. „Für die Eltern der Hauptschule ist das eine Katastrophe, denn schon das Home Schooling in Corona-Zeiten hat deutlich gemacht, dass dieses Modell für die Schülerschaft der Hauptschule nicht funktioniert“, so Höper.
„Unter Bildungsgerechtigkeit stellen sich die Eltern etwas anderes vor. Sie trauern den beschlossenen, aber nicht umgesetzten Schulbauten am Campus Süd hinterher, die uns diese Situation gegebenenfalls erspart hätten.“
Stadtelternrat übt scharfe Kritik an Stadt und Politik
Als Schulträger ist die Hansestadt Buxtehude verantwortlich für fünf Grundschulen und fünf weiterführende Schulen – zwei Gymnasien, eine Gesamtschule, eine Realschule und die Hauptschule. Für all diese Einrichtungen stehen in Zukunft Millionen-Investitionen an, denn auch an anderen Schulen herrscht ein hoher Sanierungsstau. Das kaputte Dach der Integrierten Gesamtschule (IGS) ist nur ein Beispiel.
Dort wird jetzt saniert, nachdem es jahrelang in die Schule hinein regnete. Außerdem muss eine sechste Grundschule gebaut werden. Ein Blick Richtung Hamburg zeigt den Buxtehudern, was das Aufrüsten der Schullandschaft kosten kann: Die Gemeinde Neu Wulmstorf investiert gerade über 56 Millionen Euro in zwei Grundschul-Neubauten. Allerdings standen diese Summen bereits vor der Kostensteigerung im Bausektor fest.
„20 Jahren Sanierung und Schulentwicklung vernachlässigt“
„Man kann allgemein sagen, dass die Buxtehuder Politik und der Schulträger in den letzten 20 Jahren die Sanierung und die Schulentwicklungsplanung vernachlässigt haben, und ihnen das Thema jetzt auf die Füße fällt“, beklagt der Buxtehuder Stadtelternrat. Trotz langer Planungsphasen und zahlreicher Machbarkeitsstudien seien viele Schulprojekte nicht umgesetzt worden, so der Elternrat. „Es fehlt ein Zehn-Jahres-Masterplan zur kontinuierlichen Sanierung der Buxtehuder Schullandschaft mit klaren Projektmanagementstrukturen, Zeitplänen, organisatorischen Strukturen und Verantwortlichkeiten, um die Herkules-Aufgabe zu bewältigen.“
Mehr aus Buxtehude
- 23 Millionen Euro: Größtes Bauprojekt in Buxtehude nimmt nächste Hürde
- Buxtehuder Touristenjuwel verfällt – Bürger nehmen Stadt ins Visier
- Einzigartig: Dieses edle japanische Gemüse kommt aus Buxtehude
Zudem führe ein akuter Personalmangel in der Stadtverwaltung bereits bei den aktuellen Bauvorhaben, wie der Erweiterung der Halepaghen-Schule oder der Dachsanierung der IGS zu massiven Verzögerungen und Kostensteigerungen. „Das nimmt uns für die Zukunft die Hoffnung auf Besserung.“
Elternrat vermutet Maulkorb für Schulleitungen
Dazu trägt offenbar auch ein gestörtes Verhältnis ins Rathaus bei: „Wir stellen komplizierte, undurchsichtige Verantwortungs- und Übergabestrukturen in der Kommunikation und Information innerhalb der Buxtehuder Verwaltung fest“, heißt es vonseiten der Elternvertreter, die auch die Schulleitungen nicht aus der Verantwortung nimmt: Dort registriere man „eine gewisse Zurückhaltung in der Kommunikation und Transparenz nach außen“. So blieben Mails und mehrfache Rückfragen unbeantwortet und es werde artikuliert, dass eine Kommunikation vom Schuldezernenten oder dem Schulträger untersagt worden sei.