Buchholz/Winsen. Kooperation mit Eppendorfer Experten verschafft Patienten im Notfall Zeitgewinn von bis zu zwei Stunden. Wie das Projekt funktioniert.

Gute Nachrichten für die Menschen im Hamburger Süden: Wer im Landkreis Harburg einen Schlaganfall erleidet, kann jetzt noch schneller direkt vor Ort fachärztlich versorgt werden. Möglich ist dies durch eine bahnbrechende Kooperation zwischen dem Krankenhaus Buchholz und dem Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE).

Geht ein Notruf aus dem Hamburger Süden ein, machen sich die Neuroradiologen aus dem UKE schnellstmöglich auf den Weg in den Landkreis Harburg, um Betroffene mit einem operativen Eingriff vom gefährlichen Blutstau im Kopf befreien. Zeitgewinn des neuen Vorgehens nach Einschätzung von Dr. Butscheid, Chefarzt der Neurologie im Krankenhaus Buchholz: durchschnittlich ein bis zwei Stunden pro Patient.

Schlaganfall: Bahnbrechende Kooperation zwischen UKE und Klinik Buchholz mit neuer Stroke Unit

Rund 1000 Patienten aus dem Landkreis Harburg werden pro Jahr wegen eines Schlaganfalls in die Krankenhäuser Buchholz und Winsen eingeliefert, 750 davon in das Krankenhaus Buchholz. In den meisten Fällen haben sie einen Hirninfarkt erlitten, einen Blutstau in einer hirnversorgenden Arterie. Auch wenn das nicht wehtut, so ist der Schlaganfall doch ein absoluter medizinischer Notfall und zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland.

Stroke Unit Krankenhaus Buchholz Gute Medizin vor Ort
Auf dem Bildschirm können die Ärzte den genauen Ort des Gefäßverschlusses erkennen und den Kathetereingriff kontrollieren. © HA | nanette franke

Rund 86 Milliarden Gehirnzellen steuern den menschlichen Körper. Hören, sprechen, erinnern, sich bewegen – das ist nur durch die Leistung des menschlichen Hirns möglich. Bei seiner Hochleistungsarbeit verbraucht das Gehirn jede Menge Sauerstoff und Energie. Beides wird mit dem Blut in das Hirngewebe transportiert. Wenn ein Blutklumpen eine hirnversorgende Arterie verschließt, kommt der Energienachschub ins Stocken – Zellen gehen zugrunde.

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Je früher dem Zellsterben im Kopf Einhalt geboten wird, desto größer sind die Chancen des Betroffenen, den Hirninfarkt zu überleben und mit wenig Folgeschäden davonzukommen. Im Krankenhaus Buchholz, das über eine gerade frisch zertifizierte Stroke Unit verfügt – eine Spezialeinheit zur Versorgung von Hirninfarktpatienten – sind alle Abläufe so durchgetaktet, dass die Therapie möglichst schnell beginnen kann.

Patient bleibt hier: Stroke-Unit-Team ruft jetzt einen UKE-Spezialisten nach Buchholz

Eine Röntgenschichtaufnahme (CT) zeigt dem Team der Stroke Unit, wo der Blutpfropf sitzt und wie groß er ist. Anschließend wird sofort versucht, den Pfropf mithilfe blutverdünnender Medikamente aufzulösen oder zumindest seine Ausbreitung zu stoppen. Lyse ist der Fachbegriff für diese Behandlung.

Sind die Hauptarterien des Gehirns verstopft, reicht eine Lyse meist nicht aus, um den Patienten zu helfen. Rund 30-bis 40-mal im Jahr stehen die Buchholzer Ärzte vor dieser Situation. Dann kann nur noch eine Thrombektomie helfen.

Trifft der Neuroradiologe in Buchholz ein, liegt der Patient bereits im Katheterlabor

Dieser schwierige Eingriff an einem empfindlichen Hirngefäß darf nur von erfahrenen Neuroradiologen durchgeführt werden. Statt wie bisher die Patienten nach Hamburg zu schaffen, ruft das Stroke Unit-Team neuerdings einen UKE-Spezialisten nach Buchholz. Der eilt direkt herbei. Bei einem Krankheitsbild, für dessen Behandlung das Motto „Zeit ist Gehirn“ gilt, eine erhebliche Verbesserung.

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Trifft der Neuroradiologe in Buchholz ein, liegt der Patient bereits im Katheterlabor des Krankenhauses, das speziell für solche Eingriffe ausgerüstet ist. Durch einen Hautschnitt in der Leiste oder am Arm führt der Neuroradiologe unter Bildkontrolle einen Katheter mit Stent in das Hirngefäß und dort direkt in den Thrombus hinein. Der Thrombus wird an die Gefäßwand gedrängt, mithilfe eines Netzes eingefangen und dann aus dem Körper gezogen.

Tag und Nacht werden die Vitalwerte des Patienten überwacht

Anschließend kommt der Patient zur Weiterbehandlung auf die acht Betten umfassende Stroke Unit. Ein Team aus neurologischen Ärzten, speziell geschultem Pflegepersonal und Therapeuten steht bereit. Tag und Nacht werden die Vitalwerte des Patienten überwacht, daneben zahlreiche Untersuchungen durchgeführt.

Ziel ist, die Ursache für den Schlaganfall und darüber hinaus Wege zu finden, wie sich eine Wiederholung vermeiden lässt. Meist stoßen die Ärzte bei den Untersuchungen auf Veränderungen in den Arterien, die Atherosklerose genannt werden: Plaques aus Fett und Kalk lagern sich in den Gefäßwänden ab.

Stroke Unit Krankenhaus Buchholz Gute Medizin vor Ort
Ein erfahrener Experte: Chefarzt Dr. Felix Butscheid leitet die Abteilung für Neurologie mit Stroke Unit im Krankenhaus Buchholz. © HA | nanette franke

Platzen diese Plaques genannten Auflagerungen, ziehen sie Bluttplättchen an. Ein Blutpfropf, der Thrombus, entsteht. Auch Herzrhythmusstörungen können zu Blutgerinnseln führen, die dann mit dem Blutstrom ins Gehirn geschwemmt werden und die Ärzte der Stroke Unit auf den Plan rufen.

Krankenhaus Winsen hat eine zertifizierte Tele-Stroke-Unit – mit Direktkontakt ins UKE

Auch im Krankenhaus Winsen sind Schlaganfallpatienten gut aufgehaben. Das Winsener Haus verfügt über eine zertifizierte „Tele Stroke Unit“. Am Tag betreuen neurologische Fachärzte aus dem Buchholzer Team die Patienten, in der Nacht wird über Telemedizin zeitnah ein direkter Kontakt zu Ärzten aus dem UKE hergestellt, die die Kranken begutachten und Empfehlungen zur Therapie geben.

In beiden Häusern beginnt schon während des durchschnittlich fünftägigen Krankenhausaufenthaltes die Reaktivierung der Patienten. Ergo-, Logo- und Physiotherapeuten aus der Waldklinik Jesteburg leiten den Rehaprozess ein, der anschließend in der Waldklinik Jesteburg nach demselben Konzept weitergeführt werden kann. Wie ein Patient diese Reha erlebt hat, können Sie hier nachlesen.

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Sein Rat: Wer auch nur die geringsten Anzeichen eines Schlaganfalls an sich bemerkt, sollte sofort die 112 anrufen und sich in ein Krankenhaus bringen lassen. Zu den Alarmzeichen gehören einseitig hängende Mundwinkel, Lähmungen in einem Arm oder Bein, Schwierigkeiten beim Schlucken und Sprechen sowie dabei, andere zu verstehen.

Das Abendblatt stellt in einer Serie Krankenhäuser im Hamburger Süden vor, die den Vergleich mit den Kliniken der Hansestadt nicht scheuen müssen – an denen Patientinnen und Patienten in den verschiedensten medizinischen Sparten bestens versorgt sind. Wir sagen Ihnen, welche Behandlung sich wo lohnt – und für wen.