Kreis Pinneberg. Im Kreis Pinneberg erleiden pro Jahr 1000 Menschen einen Hirninfarkt oder eine -blutung. Worauf Betroffene und andere achten müssen.
Nach Angaben der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe erleiden rund 270.000 Menschen jedes Jahr in Deutschland einen Schlaganfall. Das trifft umgerechnet auf die Bevölkerung allein im Kreis Pinneberg etwa 1000 Frauen und Männer. Wie man frühe Anzeichen erkennt, was im Ernstfall wichtig ist und wie modern behandelt wird, darüber klärt Professor Max Nedelmann, Ärztlicher Direktor der Regio Kliniken und Chefarzt der Klinik für Neurologie, zum Tag des Schlaganfalls am 10. Mai auf.
Unser Gehirngewebe ist hoch spezialisiert und reagiert extrem empfindlich, wenn es nicht durchblutet wird. „Ein Schlaganfall kann plötzlich auftreten und erfordert eine schnelle Reaktion“, mahnt der Mediziner. „Zu den häufigsten Anzeichen gehören plötzliche Schwäche in einem Arm oder Bein, Sprachschwierigkeiten, Sehstörungen oder plötzliche Verwirrung. Es ist wichtig, bei Verdacht auf einen Schlaganfall sofort den Notruf zu wählen. Jede Minute zählt, um das Risiko von bleibenden Schäden zu minimieren.“
Auf welche Symptome Betroffene, Angehörige und Freunde achten müssen
Meist sind es die Angehörigen oder Freunde, aber auch die Betroffenen selbst, die Warnzeichen als Erste erkennen können. Daher ist es wichtig, die typischen Zeichen regelmäßig in Erinnerung zu rufen. Mit „BEFAST“ haben die Mediziner einen einfachen Schnelltest entwickelt, der auch für Laien verständlich ist. Jeder Buchstabe steht für ein bestimmtes Symptom, das auf einen Schlaganfall hinweisen könnte.
B für Balance: Plötzlicher Verlust des Gleichgewichts oder der Koordination
E für Eyes (Augen): Plötzliche Sehstörungen, insbesondere in einem oder beiden Augen.
F für Face (Gesicht): Plötzliche Lähmung, Taubheit oder Verzerrung der Gesichtsmuskulatur auf einer Seite des Gesichts. Dies kann sich als hängender Mundwinkel oder einseitiges Hängen des Augenlids manifestieren.
A für Arms (Arme): Plötzliche Schwäche oder Taubheit in einem Arm. Eine Person kann Schwierigkeiten haben, einen Arm anzuheben oder zu halten. Entsprechend kann auch ein Bein betroffen sein, häufiger sind aber sowohl Arm und Bein einer Körperseite betroffen.
S für Speech (Sprache): Plötzliche Sprachstörungen, wie undeutliche Sprache, Unfähigkeit, Wörter zu bilden oder zu verstehen, oder verwaschene Aussprache.
T für Time (Zeit): Wenn eine Person eines oder mehrere der oben genannten Symptome erlebt, ist Zeit von entscheidender Bedeutung. Es ist wichtig, sofort den Notruf zu wählen oder in die nächstgelegene Notaufnahme zu gehen, um eine schnelle medizinische Behandlung zu erhalten.
Regio Kliniken haben Behandlungsmöglichkeiten seit einem Jahr erweitert
Nach einem Schlaganfall stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, abhängig von der Art und Schwere des Anfalls. Prof. Dr. Max Nedelmann: „Ein Schlaganfall ist immer ein Notfall. Die häufigste Maßnahme ist die schnelle (innerhalb der ersten vier bis fünf Stunden nach dem Schlaganfall) Gabe von Medikamenten zur Auflösung von Blutgerinnseln, um die Versorgung des Gehirns wiederherzustellen. Seit über einem Jahr haben wir am Standort Pinneberg die Behandlungsmöglichkeiten allerdings wesentlich erweitert und zwar um das Verfahren der Thrombektomie.“
Bei der Thrombektomie werden über ein Kathetersystem Blutgerinnsel entfernt. Möglich ist der Eingriff immer dann, wenn eine große hirnversorgende Arterie verschlossen ist und der daraus resultierende Hirninfarkt sich noch nicht vollständig ausgebildet hat.
Modernes Verfahren kann rund um die Uhr in Pinneberg angewandt werden
Prof. Dr. Nedelmann erläutert: „Das Verfahren kann die Durchblutung schnell wiederherstellen und den Schaden am Gehirn minimieren. Es ist eine wichtige Option bei bestimmten Arten von Schlaganfällen, wenn sie durch einen Blutpfropfen in einem großen Blutgefäß verursacht werden.“
Der Eingriff erfordert allerdings eine perfekte interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener hoch qualifizierter Teams im Klinikum, darunter aus der Neurologie, Neuroradiologie, Kardiologie, Anästhesie, der Notaufnahme und die Pflege. „Wir sind froh, dass wir in den Regio Kliniken die Voraussetzung für eine Etablierung der Thrombektomie geschaffen haben und dieses Verfahren jetzt rund um die Uhr anbieten können. So vermeiden wir eine Weiterverlegung schwerst Betroffener in ein anderes Krankenhaus, was immer mit erheblichen Verzögerungen verbunden ist“, erklärt der Professor. „Damit steigern wir die Chance, dass unsere Patienten und Patientinnen mit geringeren Behinderungen aus dem Schlaganfall kommen.“
Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe unterstützt Angehörige
Ein Schlaganfall führt manchmal zu massiven Einschränkungen der Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die Pflege findet langfristig meist durch Familienmitglieder oder Partner zu Hause statt. Da der Schlaganfall in der Regel aus heiterem Himmel kommt, haben die Angehörigen keine Zeit, sich auf die neue Lebenssituation vorzubereiten. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe rät Angehörigen vor allem zu drei Dingen:
1. Informieren Sie sich ausführlich über den Schlaganfall und seine Folgen, um besser auf die betroffene Person eingehen zu können und sie gut zu fördern.
2. Achten Sie bei allem Einsatz auch auf sich selbst, gönnen Sie sich Auszeiten und gehen Sie weiter eigenen Interessen nach.
3. Nehmen Sie Kontakt zu anderen Betroffenen und Angehörigen auf, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Darüber hinaus bietet auch die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zahlreiche Informationen auf ihrer Internetseite.
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Im Kreis Pinneberg gibt es mehrere Gruppen für Schlaganfallpatienten und ihre Angehörigen. Im Raum Pinneberg treffen sich Angehörige und Betroffene jeden ersten Dienstag im Monat um 19 Uhr im Restaurant Attika, Bäckerstraße 3 in Halstenbek. Ansprechpartnerin ist Ingrid Langemeyer, Telefon 040/21088701. Sie ist zertifizierte Schlaganfall-Mentorin. Die Patientenorganisation Schlaganfall-Ring hat eine Sprechstunde in der DRK-Begegnungsstätte Rellingen, Rosenkamp 21, freitagvormittags, Terminvereinbarung unter 04101/5531 86. In Wedel trifft sich die Selbsthilfegruppe jeden zweiten Dienstag im Monat um 15 Uhr in der DRK-Begegnungsstätte, Rudolf-Höckner-Straße 6. Ansprechpartnerin ist Barbara Ernst, Telefon: 0177/8734418.