Haus der Erde, Min-Forum, Phil-Turm, Pferdestall: Das Bau-Chaos ist einer Exzellenzuniversität unwürdig. Der Senat muss handeln.
Es liegt ein Fluch auf den Bauvorhaben der Exzellenzuniversität Hamburg. Anders als mit dieser übernatürlichen Erklärung lässt sich kaum begründen, warum das Haus der Erde, das MIN-Forum, der Philosophenturm und auch der etwas kleiner dimensionierte Pferdestall so große Verzögerungen und Irrungen offenbaren bei Errichtung oder Sanierung.
Die immer wieder vorgebrachten Argumente können hier nicht mehr verfangen. Die allgemeine Baukrise, der Rohstoffnachschub, Corona und nun auch der Krieg gegen die Ukraine sind zwar schnell genannt. Bei den Uni-Projekten zieht sich die Planungs- und Baukrise jedoch schon seit Jahren hin. Sie kostet Millionen Euro zusätzlich. Beim Haus der Erde ist die Stadt Hamburg offenbar von Fehlplanungen beteiligter Unternehmen hinter die Fichte geführt worden. Bis hier erfolgreich Schadenersatz erklagt ist, dürften die Erstklässler von heute Doktorhüte haben.
Uni Hamburg: Pferdestall besonders peinlich
Im Besonderen peinlich ist der Sanierungsversuch beim Pferdestall für die Sozialwissenschaftler und Kriminologen. Über Jahre wusste man von einer Schadstoffbelastung durch Naphthalin. Der vom Umweltbundesamt als krebsverdächtig eingestufte Stoff dünstete in die Räume aus. Generationen von Akademikern waren dem ausgesetzt. Nur die Kommunikation zwischen den beteiligten Behörden, Bauarbeitern und Betroffenen war noch dilettantischer als die ersten Entgiftungsversuche.
Müssen erst Studenten und Professoren darauf hinweisen, dass solch Vorgehen einer Exzellenzuniversität unwürdig ist? Dass die finanzielle Basis einer vermeintlichen Vorzeigehochschule so löchrig ist, dass von den Nachhaltigkeitszielen nur ihr rhetorischer Zauber bleibt?
Dass die Uni im Rathaus betteln müsste, um zumindest die gewaltigsten Löcher in Dächern und Wänden abzuspachteln, um mal wieder einen halbwegs geordneten Campus-Lehr- und Forschungsbetrieb hinzubekommen, das ist schon armselig.
Nur Lippenbekenntnisse zum Wissenschaftsstandort?
Oder hat das System? Sind all die Sonntagsreden von Bürgermeister Peter Tschentscher und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank zur Bedeutung des Uni-Standortes nur Lippenbekenntnisse? Ist ihnen überhaupt klar, dass der Exzellenzstatus (bis 2026) neu erlangt werden muss? Dass es dafür Konzepte, Köpfe, aber auch eine intakte Infrastruktur braucht?
Ist Hamburg ein Wissenschaftsstandort der zwei Geschwindigkeiten? Wie kann es sein, dass es bei der Science City in Bahrenfeld mit mehr Tempo vorangeht? An der Uni sind die für den Exzellenz-Stempel so entscheidenden Klimaforscher und Physiker vom Bau-Chaos betroffen. Aber auch die Manuskriptforscher haben eindrucksvoll belegt, wie titelwürdig ihre Forschung ist. Überhaupt hat dieser Wettbewerb um zusätzliche Millionen der Deutschen Forschungsgemeinschaft alte Hamburger Debatten ad absurdum geführt.
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Es geht um Hamburgs Wettbewerbsfähigkeit
Zu oft war in den vergangenen 20 Jahren die Rede davon, dass man arbeitsmarktgerechte Lehre und streng anwendungsgetriebene Wissenschaft betreiben müsse. Diese Arbeitsmärkte haben sich binnen weniger Jahre in Luft aufgelöst wie diese Ideologie der Konfektionierung. Hamburger Grundlagenforschung ist gefragt wie nie, ob von Klimaerklärern, Teilchen-Guckern oder Infektionsforschern. Eine auf Nachhaltigkeit umorientierte Wirtschaft, die Industrie und das Gesundheitswesen nutzen ihre Erkenntnisse.
Der Senat täte gut daran, die Bauprojekte der Wissenschaft zu priorisieren. Hier geht es nicht um ein bisschen Beton, sondern am Ende um Hamburgs Wettbewerbsfähigkeit und Standortpolitik im globalen Werben um kluge Köpfe.