Hamburg. Prof. Hauber und das Start-up Provirex haben eine wegweisende Therapie entwickelt und Privatinvestoren gewonnen. Vorbild: Biontech.
Noch ist es eine „Hoffnung“, wie die Forscher selber sagen. Doch innerhalb kurzer Zeit wird man in Hamburg mit den ersten Tests und einer klinischen Studie an Patienten sehen, ob sich HIV, ob sich Aids nachhaltig heilen und damit möglicherweise besiegen lässt.
Dabei geht es um jahrelange Forschungen, die am Heinrich-Pette-Institut (HPI; heute Leibniz-Institut für Virologie) unter Federführung von Prof. Joachim Hauber vorangetrieben wurden. Aus dem HPI heraus wurde ein Start-up gegründet, das zunächst mit öffentlichen Geldern und nun auch mit weiteren privaten Finanziers eine völlig neue Grundlage geschaffen hat, um die Forschung an die HIV-Patienten zu bringen.
Aids heilen? Am UKE startet 2023 erste Tests mit Patienten
Schon Ende 2023 soll die klinische Studie am UKE beginnen. Den ersten Test-Kandidaten werden dann blutbildende Stammzellen entnommen, präpariert und mit einer „Gen-Fähre“ wieder transplantiert, also „zurückgegeben“. Dieses Start-up heißt Provirex (das Abendblatt berichtete) und nutzt sogenannte „hochspezifische Designer-Rekombinasen“, um das menschliche Erbgut zu entschlüsseln und Infektionen mit HIV „wieder rückgängig zu machen“.
Dass dazu reichlich privates Forschungsgeld erforderlich ist, wurde bei der Präsentation des Projektes am Donnerstag in Hamburg deutlich. Der Biotech-Investor Bioventure aus Göttingen steigt neben den bestehenden Partnern mit ein. Provirex wird einen „Hub“ am neuen Wissenschaftskomplex in Desy-Nähe in Bahrenfeld (Science City) bekommen. Dort sollen Forschung und Produktion aufgebaut werden.
Provirex: Biotech-Investor Bioventure steigt ein
Schon ohne die Ergebnisse der künftigen klinischen Studien zu kennen, setzen Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) voll auf die Marktreife. Das Vertrauen scheint groß.
Fegebank sagte: „Die Heilung von HIV/Aids ist noch immer eine der großen medizinischen Herausforderungen unserer Zeit. Der vielversprechende Therapieansatz von Provirex lässt uns hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Provirex ist ein tolles Beispiel für den erfolgreichen Weg von der Grundlagenforschung am Leibniz-Institut für Virologie bis hin zur klinischen Studie am UKE und der Ausgründung als Start-up am Wissenschaftsstandort Hamburg.“
Biontech als Blaupause für Hamburger Life Science
Westhagemann ließ keinen Zweifel daran, dass dieses Projekt das Biontech von Hamburg werden kann nach der Blaupause der Mainzer Firma, die einen verlässlichen Corona-Impfstoff in kürzester Zeit entwickelte und weltweit verkaufte. Auch Biontech war eine Ausgründung, die erst mit dem privaten Geld der Großinvestoren Thomas und Andreas Strüngmann (früher: Hexal) zu bahnbrechenden Forschungen und marktfähigen Produkten kam.
„Durch den Aufbau des Therapie-Hubs von Provirex kommen wir der Vision unseres Clusters Life Science Nord, die weltweite Gesundheitsversorgung zukunftsgerichtet aus Norddeutschland, aus Hamburg zu gestalten, ein ganzes Stück näher“, so der Wirtschaftssenator. „Die Life Sciences stellen für Hamburg und Schleswig-Holstein ein äußerst wichtiges Zukunftsfeld dar.“
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Prof. Hauber von Provirex sprach davon, dass sich langes Forschen nun in einer „völlig neuartigen Therapie“ zeige. Die wurde gemeinsam unter anderem mit Forschern der TU Dresden erarbeitet. Völlig neu an der Behandlung soll sein, dass der „Bauplan“ des HIV-Virus aus dem Erbgut von infizierten Zellen nicht nur entfernt werde, sondern dieses Erbgut auch „fehlerfrei“ wieder zusammenfüge.
Krebs: Personalisierte Medizin bald aus Hamburg?
Das setze, sagte Westhagemann, Hamburg auf die Karte für ambitionierte Start-ups. „Wir brauchen die Start-up-Szene – auch, um Talente anzulocken.“ Und um Steuereinnahmen für die Stadt zu generieren sowie das Millionen-„Investment“ des Senates wieder reinzuholen. Das steht ebenso im Mittelpunkt aller Forschungsbemühungen, das sagten am Donnerstag mehrere Vertreter von Politik und Wissenschaft. Die Wirtschaftlichkeit von Grundlagenforschung zeigt sich dann in der Anwendung.
Prof. Hauber ist überzeugt, dass beides zusammengeht, wenn 2024 die neuen Labore in Bahrenfeld bezogen werden. Er hat die Hoffnung, vielleicht sogar eine Ahnung von Gewissheit, dass mit den patientenspezifischen Immunzellen der Einstieg in eine „personalisierte Medizin“ gelingt, von der Forscher, Ärzte und Biotech-Firmen träumen. Provirex, so sagte Hauber, könne dann „weit über HIV hinaus“ Lösungen zum Beispiel für Krebserkrankungen liefern.