Beide Hamburger Zweitligisten stellen die Weichen für die Zukunft. In Kürze zeigt sich, ob der Schein trügt.
Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken waren nahezu ausschließlich positiv, als der HSV am Donnerstagmittag das neue Vorstandsduo Jonas Boldt (Sport) und Eric Huwer (Finanzen) offiziell annoncierte. Fast schon jubelartig kommentierten Fans den HSV-Beitrag über die beiden Vertragsunterschriften – auch entsprechende Herzchen- und Muskel-Emojis durften dabei nicht fehlen.
Dabei war die Nachricht, mit Boldt und Huwer an der Clubspitze die Weichen für die Zukunft zu stellen, längst keine Überraschung mehr. Umso aussagekräftiger ist die durchweg positive Resonanz der Anhängerschaft, in der sich nun so etwas wie Erleichterung breitmacht.
Zum ersten Mal seit langer Zeit und vielen internen Machtkämpfen haben Beobachter des HSV das Gefühl, mit der neuen Clubführung könnte es in die richtige Richtung gehen. Boldt und Huwer verstehen sich prächtig. Statt neuer Grabenkämpfe, die den Zweitligisten in den zurückliegenden Jahren gelähmt haben, dürften wichtige Entscheidungen in Zukunft gemeinsam getroffen werden.
Ist es beim HSV mit der Harmonie bald vorbei?
Selbstverständlich ist diese neue Harmonie kein Freifahrtschein für ein fehlerloses Vorgehen des Vorstands. Auch Boldt und Huwer müssen ihre Entscheidungen kritisch hinterfragen und eine konstruktive Diskussionskultur etablieren, bei der nicht einfach nur die Meinung des für den jeweiligen Fachbereich Verantwortlichen abgenickt wird. Vorstandsarbeit eben.
Da beide Manager nicht nur privat miteinander befreundet sind, sondern auch seit Jahren beim HSV zusammenarbeiten, interne Abläufe sowie Stärken und Schwächen des anderen kennen, haben sie sich einen Vertrauensvorschuss bei den Fans erarbeitet. Dennoch, wie soll es auch anders sein beim HSV, könnte es mit der Harmonie bald wieder vorbei sein.
Am 21. Januar muss sich Präsident Marcell Jansen auf der Mitgliederversammlung einem Abwahlantrag stellen. Sollte der Ex-Profi abgesetzt werden, bräuchte der HSV e. V. ein neues Präsidium, wodurch sich die für das Absegnen des neuen Aufsichtsrats erforderliche Hauptversammlung der Gesellschafter weiter verzögern würde.
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Beim FC St. Pauli ging es zuletzt hoch her
Boldt und Huwer werden genau beobachten, wie das Präsidium und der Aufsichtsrat personell aufgestellt werden – und ob darin auch nur ein Ansatz für neue Machtkämpfe entstehen kann.
Beim Stadtnachbarn FC St. Pauli ging es zuletzt ebenfalls hoch her, was in den vergangenen Jahren trotz aller sportlichen Rückschläge ein fast unbekanntes Phänomen war. Ein Präsident, der auf der Mitgliederversammlung Buhrufe und Pfiffe erntet und der Heuchelei bezichtigt wird – das hatte es eine gefühlte Ewigkeit nicht gegeben.
Doch am Ende bekamen es Präsident Oke Göttlich, Aufsichtsratschefin Sandra Schwedler und auch der viel kritisierte Sportchef Andreas Bornemann hin, Volkes Seele zu beruhigen und den Zorn über die Freistellung des so beliebten Trainers Timo Schultz in ein gewisses Verständnis für diese Entscheidung zu verwandeln.
Fabian Hürzeler ist Chance und Risiko zugleich
Dass nun ganz offenbar der erst 29 Jahre alte, aber deutlich reifer auftretende Fabian Hürzeler als einer der bisherigen Co-Trainer im Team von Schultz die Chefrolle übernehmen darf, ist Chance und Risiko zugleich – für den abstiegsbedrohten Club und für das verantwortliche Duo Göttlich/Bornemann.
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Befreit sich das Team von Ende Januar an zügig aus der Abstiegsgefahr, können sich die Entscheider darin bestätigt fühlen, ein zweifellos großes Trainertalent zweieinhalb Jahre lang entwickelt und ihm jetzt Vertrauen geschenkt zu haben, statt branchenüblich einen „Feuerwehrmann“ zu holen.
Geht dieser sehr mutige Plan indes nicht auf, wird sich die kurzfristig herbeigeführte Ruhe wieder in laute Kritik verwandeln, die dann auch nicht mehr so einfach wegzumoderieren sein wird.