Hamburgs Politiker müssen sich stärker für Ärzte und Pflegende einsetzen – auch gegen Karl Lauterbach.

Die Eltern von kranken Kindern haben die Ellenbogenschoner abgestreift. Sie sind nicht mehr bloß unsicher, was wohl mit Tochter oder Sohn ist, wenn sie husten, fiebern, schlapp durch Kita, Schule oder Kinderzimmer streifen. Sie sind wütend, aufgebracht, zornig, weil die medizinische Versorgung in einer der wohlhabendsten Städte Europas in einem der reichsten Länder der Welt ein katastrophales Bild abgibt. Die Arztpraxen sind voll, sorgenvolle Eltern fahren in die Notaufnahmen, die vor Patienten bersten. Manche übertreiben mit ihrer medizinischen Selbsteinschätzung, andere bei Babys, die um Luft ringen, ganz sicher nicht.

Ärztinnen und Ärzte sowie die Medizinischen Fachangestellten und die Pflegekräfte arbeiten über das Limit hinaus. Schade, dass – nebenbei bemerkt – nicht alle von den Boni profitieren, die die Politik so beflissen wegen der Corona-Anstrengungen gewährte. Für die meisten im Gesundheitswesen ist der Beruf tatsächlich Berufung. Zur Professionalität gehört jedoch eine angemessene, der gesellschaftlichen Bedeutung geschuldete Honorierung. Man kann nur an Eltern wie Profis appellieren, die Nerven zu behalten. Wer je in der Notaufnahme saß und das eigene Kind dort im Wartebereich zusammenbrach, der geht durch die Hölle.

Corona, Grippe, 9-Euro-Ticket: In der Krise zeigen sich die Schwächen

Gleichfalls sollten wir die Zurückhaltung in der politischen Bewertung ablegen und Verantwortliche nicht schonen. In der Krise entwickeln sich Schwachstellen einer geflickschusterten Infrastruktur zu einem beängstigenden Szenario. Das hat die Corona-Pandemie an ihrem Beginn gezeigt, als es weder Masken noch Desinfektionsmittel noch ausreichend Intensivbetten gab, die tatsächlich von spezialisierten Pflegekräften bedient werden konnten. Strukturschwächen bewahrheiteten sich ebenso bei der Gasversorgung, bei der Energiewende insgesamt, ja sogar beim Krisen-Bonbon 9-Euro-Ticket.

Musste erst ein drei Monate währender Fahrgäste-Ansturm auf die Deutsche Bahn her, um den verfassungsfesten Beweis zu erbringen, dass Gleise, Züge, Technik, Personal an nachhaltig tragenden Elementen laborieren? Die Krisen sind nicht so in den Köpfen unserer Repräsentanten angekommen, wie sie es müssten. In Hamburg sollte es mit Peter Tschen­tscher als Bürgermeister und den als Krisenmanagerinnen bewährten Melanie Leonhard (als Sozialsenatorin) und Melanie Schlotzhauer (als deren Nachfolgerin) ausreichend kognitive Fähigkeiten im Senat geben. Warum setzen sie sich nicht für die Haus- und Kinderärzte ein? Auch mal gegen Karl Lauterbach?

Was muten wir unseren Kindern zu?

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Nach Corona sind die Diagnosen für die Kinder erschütternd: Ess- und Verhaltensstörungen, psychische Auffälligkeiten bis zur Depression. Jetzt rollt die Infektwelle. Was muten wir unseren Kindern, was den Müttern und Vätern da zu?

Und Lauterbach? Er twittert sich durch die Corona-Geschichte und macht verrückte Vorschläge. Kranke Kinder pflegen? Pflegekräfte für Erwachsene sollen abkommandiert werden – eine Schnapsidee gegen jede ärztliche Erfahrung. Die U-Routineuntersuchungen der Kinder einfach mal verschieben – kompletter Unsinn, denn hier erst werden die Corona-Folgen entdeckt. Besser wäre, Lauterbach holte sich mal eine zweite Meinung bei ärztlichen Kolleginnen und Kollegen.

Einen Teil der Kritik, vor allem den unter der Gürtellinie, hat Lauterbach nicht verdient. Doch er hat sich spätestens mit dieser Krise der Kinder und der für sie gedachten Medizin selbst entzaubert. Früher wussten sozialdemokratische Bundeskanzler noch, was sie zu tun haben.