Hamburg. Das Disziplinarverfahren gegen den Hamburger Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich und die möglichen, schwerwiegenden Folgen.

Dieser Schritt war überfällig. Mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Hamburgs Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich acht Tage nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat die Justizbehörde noch gerade rechtzeitig die Kurve bekommen, bevor Begriffe wie „Aussitzen“ und „Verzögerungstaktik“ die Runde gemacht hätten. Zu schwerwiegend sind die (bisher von niemandem dementierten) Vorwürfe.

Unabhängige Justiz in der Hansestadt?

Falls der oberste Strafverfolger der Hansestadt tatsächlich bereits geplante Hausdurchsuchungen bei drei Verdächtigen mit der Begründung verhindert hat, dass dies einen „politischen Tsunami“ auslösen würde, dann dürfte man getrost von einem Justizskandal sprechen. Gleiches gilt für die Aussage, er nehme lieber in Kauf, dass Beweise verloren gingen, als eine „politische Krise“ zu riskieren.

Denn das würde bedeuten: Wer – wie in diesem Fall Innensenator Andy Grote (SPD), Ex-Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer – politisch wichtig genug ist, der braucht keine Hausdurchsuchung zu fürchten. Von einer unabhängigen Justiz, die „ohne Ansehen von Person und Stand“ vorgeht, wie es in all den schönen Rechtsbüchern heißt, hätten wir uns in Hamburg dann faktisch verabschiedet.

Unabhängiger Ermittler im Einsatz

Nun soll ein (von der Staatsanwaltschaft) unabhängiger Ermittler der Sache auf den Grund gehen. Manche werden meinen, das sei eine schwierige Aufgabe. Im Gegenteil: Sie ist ziemlich unkompliziert. Denn es geht im Kern ausschließlich um die Frage, ob Jörg Fröhlich sich wie zitiert geäußert hat oder eben nicht. Die Zitate stammen aus einem Vermerk, angelegt von einer Oberstaatsanwältin. Geschrieben über eine Dienstbesprechung des Generalstaatsanwalts, an der außer ihr und Jörg Fröhlich noch drei weitere Staatsanwälte aus der obersten Behördenetage teilgenommen haben.

Dass der Vermerk authentisch ist, scheint eindeutig – sonst wäre das Ganze längst dementiert und gewiss kein Verfahren gegen den Generalstaatsanwalt eingeleitet worden. Unklar ist unter anderem, ob Fröhlich Kenntnis von dem Vermerk und ihn womöglich abgenickt hatte, bevor er zu den Akten kam. Falls ja, hätte er die Richtigkeit des Inhalts ja quasi schon bestätigt.

Nach Ermittlungen: Ergebnis so oder so beunruhigend

Denkbar ist natürlich umgekehrt, dass der Generalstaatsanwalt (für den selbstverständlich auch die Unschuldsvermutung gilt) den Vermerk nicht kannte und sich falsch und/oder aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben fühlt. Das wiederum dürfte sich relativ leicht klären lassen, stehen als Zeugen doch vier Top-Juristen aus der Behörde zur Verfügung.

Es dürfte also keiner monatelangen detektivischen Ermittlungen bedürfen, um die Sache aufzuklären. Das Ergebnis wäre allerdings so oder so beunruhigend. Denn sollte Fröhlich zu Unrecht beschuldigt worden sein, dann stellten sich äußerst unangenehme Fragen über das Mit- und Gegeneinander innerhalb der Staatsanwaltschaft.

Schwerwiegende Konsequenzen für die Staatsanwaltschaft

Sollten sich die Vorwürfe dagegen erhärten, dann wäre der Beweis erbracht, dass die Staatsanwaltschaft in mindestens diesem Fall den juristischen Gleichheitsgrundsatz mit Füßen getreten hätte. Dass Jörg Fröhlich dann seines Amtes enthoben werden müsste, versteht sich von selbst.

Es ist aber fraglich, ob damit die Probleme der Staatsanwaltschaft gelöst wären. Denn die Liste der fragwürdigen, für die Öffentlichkeit kaum nachvollziehbaren Entscheidungen der Behörde ist lang – von Bakery Jatta bis „Pimmelgate“. Die Akzeptanz und Anerkennung der Behörde in der Öffentlichkeit wiederherzustellen wird kein leichter Weg werden.