Ein junger Mann ist verschwunden. Tatort-Kommissar Falke ermittelt in Hannover. Nicht nur die Kulisse ist dabei ein großes Elend.

  • Im ARD-“Tatort“ „Verborgen“ ermittelt das Hamburg-Team ausnahmsweise in Hannover
  • Wotan Wilke Möhring und Franziska Weisz müssen gleich zwei Mordfälle aufklären
  • Die Folge wurde am 16. April 2023 ausgestrahlt und dabei klarer TV-Quotensieger

Die Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) waren im neuen NDR-„Tatort“ „Verborgen“ (mit 8,45 Millionen Zuschauern/27,8 Prozent Marktanteil Quotensieger am Sonntag) in Niedersachsen unterwegs. In der Landeshauptstadt arbeitet das in Hamburg lebende, aber übergreifend in der norddeutschen Tiefebene aktive Cop-Duo mit der dort ansässigen Polizei zusammen. Ein junger Mann ist tot aufgefunden worden, in einem LKW, den er als schwarzer Passagier geentert hatte. Gesucht wird nun ein Schleusernetzwerk.

Aber bald wird der Fall von der Suche nach einem weiteren Jugendlichen überlagert. Multitasking also für Falke und Grosz: Erst einmal auf die Kollegen auf der Wache (mit dem Tipp des Einsatzleiters: „Na ja, die Hannoveraner sind erstmal bisschen distanziert“) klar kommen.

Neuer „Tatort“: Ermittlungen in der Schattenwelt von Hannover

Dann gleichzeitig den vermissten Noah finden und das Schicksal der LKW-Leiche aufklären. Beides könnte miteinander zusammenhängen, die beiden jungen Männer arbeiteten in derselben Gaststätte.

Da kommt es früh zu einer eindringlichen, gut gespielten Szene, als Falke dem verzweifelten Vater Jon Makoni (Alois Moyo) ein Foto des Toten zeigt. Zur Klärung, ob dieser vielleicht identisch ist mit dessen verschwundenem Sohn Noah.

Der Titel dieser „Tatort“-Folge (Regie Neelesha Barthel, Drehbuch Julia Drache und Sophia J. Ayissi) lautet „Verborgen“. Es sind die illegalen Zuwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung, die in den Mittelpunkt rücken. Menschen wie Jon Makoni, die seit vielen Jahren ohne Papiere in Deutschland leben und dabei notgedrungen unauffällig bleiben müssen.

Tatort-Folge „Verborgen“ funktioniert als Sozialstudie hervorragend

In dieser afrodeutschen Schattenwelt ermitteln Falke und Grosz. Es ist eine Welt, in der es eine Ärztin (Rebecca Rudolph) gibt, die geduldet vom Gesetzgeber ausschließlich Illegale behandelt. Und in der Unternehmer Akademiker wie Makoni und seine ebenfalls hochqualifizierte Frau Hope (Sheri Hagen) die Drecksarbeit machen lassen.

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„Verborgen“ funktioniert als Sozialstudie hervorragend. Für Leute wie Hope, die ihre Bitterkeit nicht nur dem Ehemann („Wir sind keine Deutschen“), sondern auch Kommissarin Grosz ins Gesicht pfeffert, ist das Leben in Deutschland unerträglich. Es ist ein hässliches Land. Passend dazu fängt die Kamera vor allem die wenig schönen Seiten Hannovers ein. Was für ein, gesellschaftliches, Elend!

Wotan Wilke Möhring: Als Falke triggert er das schlechte Gewissen

Die Söhne der Illegalen glauben an eine Zukunft in England, wo sie auch ohne Papiere auf ein besseres Leben hoffen. Was Falke, der bei seinen Ermittlungen auf die Hilfe von Noahs Freund Sam (Ben Andrews Rumler) setzt, nur einen ironischen Verweis auf den Brexit und Englands Abschotten entlockt. Mit dem ihm zur Verfügung stehenden Lockmittel („Ne Duldung ist bestimmt drin“) dringt er bei den deklassierten Schattengewächsen der deutschen Wohlstandsgesellschaft nicht durch.

Der Film benutzt wenig überraschend die immer schön menschelnde Ermittlerfigur Wotan Wilke Möhrings, um das kollektive schlechte Gewissen der Zuschauerinnen und Zuschauer zu triggern.

Neuer „Tatort“: Wotan Wilke Möhring ermittelt in „Verborgen“ in Hannover

Aber auch die Überforderung durchschnittdeutscher Verständnishorizonte wird abgebildet. „Wenn wir alle so scheiße sind, warum sind Sie dann noch hier?“, fragt Grosz einmal. Die Makonis sind politische Flüchtlinge aus Simbabwe, warum sie kein Asyl bekommen haben, ist nicht Thema dieses Krimis. Wahrscheinlich keine schlechte Entscheidung, es hätte eine Überfrachtung gedroht.

Dieser Tatort ist gut inszeniert, auch wenn der Kriminalfall keine allzu überraschende Wendung nimmt. Schwarzarbeiter putzen, räumen, malochen auf dem Bau. Wie es ihnen dabei ergeht und wie die Arbeitsbedingungen sind, interessiert die Ausbeuter ihrer permanenten Notsituation nicht.

Tatort: Verborgen“: Noch bis zum 16. Oktober 2023 in der ARD-Mediathek