Katharina Tempel ist die neue Ermittlerin. Sie bekommt es dabei mit fiesen Typen zu tun – für die Zuschauer gibt es einen Schocker.
Was seit einiger Zeit mit dem Modebegriff „toxische Männlichkeit“ umschrieben wird, ist in der Kriminalistik ein alter Hut. Verbrechen werden meist von üblen Typen begangen, die Täter sind also weit überwiegend männlich. Mit ihnen bekommt es Kriminalkommissarin Katharina Tempel (Franziska Hartmann) in dem Krimi „Was wir verbergen“ (Regie Francis Meletzky, Drehbuch Elke Rössler) zu tun – so viel kann man an dieser Stelle durchaus schon verraten.
Tempel ist gerade erst vom LKA zur Kripo gewechselt. Ihr Debüt-Tatort liegt in den besseren Kreisen. Ein Ärzte-Ehepaar – großzügiges Einfamilienhaus, Pool – ist verschwunden. Der Mann, Hans Leitermann (Jörg Pose), taucht bald desorientiert auf dem Boot des Paars wieder auf. Das zweite Entführungsopfer, seine Frau Ulla Leitermann (Christiane von Poelnitz), ist weiter nicht auffindbar. Bei den Ermittlungen stoßen Tempel und ihr Kollege Georg König (Stephan Szász) zunächst auf einen Konflikt zwischen den beiden Pränataldiagnostikern und Anti-Abtreibungs-Aktivisten – und später dann auf eine noch komplexere Gemengelage.
ZDF: „Was wir verbergen“: Karo-Viertel und Elbphilharmonie als Kulisse
Die Fragen, was in der Ehe der Leitermanns so los war, und was der vorbestrafte Vater (André Szymanski) eines Teenagers mit Down-Syndrom mit den Vorgängen zu tun hat, bestimmen anschließend den Blick der Polizisten. Dass Katharina Tempel zwischendurch durchs Karo-Viertel stiefelt, dass die Elbphilharmonie im Hintergrund einen schönen Horizont abgibt, sieht man als Hamburger natürlich gerne. Ja, dies ist der Auftakt einer neuen Hamburg-Krimi-Reihe im ZDF. Kann man nur gutheißen.
Weil es sich „Tatort“-mäßig ausgetschillert zu haben scheint, Til Schweiger ist jedenfalls lange nicht gesichtet worden. Wotan Wilke Möhrings LKA-Mann Falke ist oft im Umland unterwegs, und das ZDF hat unlängst „SOKO Hamburg“ eingestellt. Es gibt also hamburgischen Bedarf. Die Ermittlerin Katharina Tempel kennen Zuschauerinnen und Zuschauer übrigens bereits aus der „Helen Dorn“-Reihe. Und Darstellerin Franziska Hartmann glänzte zuletzt im Sechsteiler „Neuland“ und spielt außerdem seit vielen Jahren am Thalia Theater.
- Tatort: Falke ermittelt wieder – City Nord wird für TV-Kommissar zu Billbrook
- Succession Staffel 4: Einmal noch das Beste vom Besten!
- Pay-TV: Sky dreht Serie „Helgoland 513“ – aber nicht auf Helgoland
Leider schützt eine gute Besetzung nicht vor Drehbuch-Patzern. Dass dieser Krimi am Ende etwas überkonstruiert ist, verzeiht man ihm sicher eher als die verbalen Einordnungen („Ganz schön dreist, am helllichten Tag“) der Kriminaler am Tatort. Die Parole „DDD“ („Dumme deutsche Dialoge“) entfährt einem angesichts dieser handelsüblichen TV-Produktion eines öffentlich-rechtlichen Senders notgedrungen einige Male.
ZDF-Krimi: Zwischenmenschliche Action im Penthouse
Und trotzdem ist es so, dass dieser Film dramaturgisch dann doch ein bisschen überraschender ist als andere und vielleicht tatsächlich nicht so handelsüblich. Das Thema häusliche Gewalt bekommt im Verlauf der Handlung eine völlig unerwartete doppelte Legierung. Anders gesagt: Einen solchen Knalleffekt wie hier, der in der ersten Filmhälfte etablierte Annahmen über das Privatleben der Kommissarin auf den Kopf stellt, gibt es in Krimis selten. Eben noch bewunderte man eine Penthouse-Wohnung als schickes, geschütztes Familiendomizil, dann ist man doch beinah schockiert über die zwischenmenschliche Action – was war das denn jetzt?
Einmal spielt Tempel fröhlich mit ihrem Mann Volker (Florian Stetter) und dem gemeinsamen Sohn Basketball am Park Fiction an der Hafenstraße. So harmonisch ist das Familienleben aber halt nicht immer. Volker Tempel ist als angesehener Pressesprecher der Hamburger Polizei ein Mann, der privat nicht so cool agiert wie in der Öffentlichkeit.
„Was wir verbergen“: Am Ende gibt es den Cliffhanger
Nach einem Gewaltausbruch seines Sohnes muss er mit seiner Frau zum Rapport in der Schule antanzen. Die Direktorin wird Adressatin seiner Wut: „Dass am Ende immer der Junge am Pranger steht und nie das Mädchen, das ist schon irgendwie ein bisschen seltsam.“
Welche Projektionsmanöver da im Spiel sind, ist Deutungsaufgabe der Betrachter. Männliche Gewalt und weibliche Allianzen, darauf läuft es am Ende erst einmal hinaus. Wobei die Blicke, die sich Franziska Tempel und ihre Freundin, Staatsanwältin Golda Hopkins (Davina Donaldson), im Finale dieses ersten Falles zuwerfen, nach schmerzlicher Haudraufmethode viel zu forciert als Cliffhanger für die nächsten Auftritte dieser neuen ZDF-Ermittlerin zu verstehen sein sollen.
„Was wir verbergen: Ein Fall für Katharina Tempel“ ist in der ZDF-Mediathek abrufbar und läuft am 3.4., 20.15 Uhr, im linearen Programm des ZDF