Die diskutable Gesprächsführung von Markus Lanz mit seinem Talk-Gast Sahra Wagenknecht lässt den Fernsehkonsumenten keine Ruhe. Daran ändert auch das Büßerhemd, das sich Lanz zwischenzeitlich überzog, wenig.
Berlin/Hamburg. Nach heftiger Kritik an der Gesprächsführung mit seinem Talkshow-Gast Sahra Wagenknecht hat sich ZDF-Moderator Markus Lanz nun erstmals selbst zu Wort gemeldet.
„Wenn das energische Nachfragen zu rustikal und sogar persönlich war, dann bedaure ich das“, sagte Lanz am Donnerstagabend dem Branchendienst „DWDL.de“. Dies habe er der Linken-Politikerin bereits in einem längeren Telefonat gesagt, zitierte ihn der Dienst.
Wagenknecht selbst hatte sich zuvor noch darüber echauffiert, vom Sender nach dem Lanz-Auftritt falsch wiedergegeben zu sein. „Liebes ZDF, nach dem breiten Protest gegen Markus Lanz' Gesprächsstil zu behaupten, ich sei zufrieden gewesen, ist doch etwas arg frech“, twitterte die stellvertretende Linken-Parteichefin.
In der Sendung vom 16. Januar hatte Lanz Wagenknecht nach dem Eindruck seiner Kritiker immer wieder abrupt unterbrochen. „Stern“-Journalist Hans-Ulrich Jörges sprang ihm dabei als Gast der Sendung zur Seite.
„Allein durch die Konstellation – also, eine Frau gegen zwei Männer – entstand zwangsläufig der Eindruck: Das ist jetzt unfair. Weil aber Frau Wagenknecht jemand ist, der sich sehr kraftvoll wehren kann und das auch tat, habe ich das in diesem Moment nicht so eingeschätzt. Mein Fehler“, sagte Lanz.
Er werde daraus lernen. „Das war sicher an der einen oder anderen Stelle verbesserungswürdig“, sagte Lanz. Allerdings verteidigte Lanz sein Vorgehen auch. Er glaube, „dass Meinung und Haltung in einer Sendung, die den eigenen Namen trägt, wichtig ist“.
Zweifel an Online-Petition
Nach der „Markus Lanz“-Ausgabe vom 16. Januar im ZDF hatte eine Zuschauerin eine Online-Petition gegen den Talkmaster gestartet. Diese Aktion im Internet unter dem Motto „Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!“ hatten bis Freitagmittag knapp 170.000 Menschen unterschrieben.
Dem Branchendienst Meedia zufolge gibt es inwzischen aber Zweifel, ob sich dahinter tatsächlich eine so große Anzahl an Menschen verbirgt – unter den Unterzeichnern hätten sich viele doppelte Namen, viele anonyme Einträge aber auch offensichtliche Spaßnamen wie Rosa Luxemburg oder Markus Lanz eingetragen.
Ungeachtet dessen will Müller, ehemalige SPD-Lokalpolitikerin, die Petition nach Abschluss der Aktion als eine Form des „gebündelten Protests“ dem ZDF überbringen.
Das ZDF hatte sich über das Echo im Netz „überrascht“ gezeigt. „Allerdings muss man diese Zahl auch in Relation zu den Millionen Zuschauern setzen, die sich nicht geäußert haben“, hieß es am Donnerstag vom Sender. „Bisher hat sich Frau Müller noch nicht bei uns gemeldet. Wir stehen einer Übergabe aber offen gegenüber.“
Medienexperten fordern Publikumsrat
Unterdessen fordern Medienexperten vor dem Hintergrund der öffentlichen Lanz-Debatte einen Publikumsrat für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der Fall sei allgemeiner „Ausdruck der Unzufriedenheit“, sagte die Leiterin des Erlanger Instituts für Medienverantwortung, Sabine Schiffer, am Freitag dem Berliner „Tagesspiegel“ (Online-Ausgabe).
Gemeinsam mit der Erfurter Medienwissenschaftlerin Christine Horz setzt sich Schiffer deshalb für ein größeres Mitspracherecht des Publikums ein. Ein erster Vorstoß ist die Online-Plattform „publikumsrat.de“, die derzeit noch im Aufbau ist.
Auf der Seite heißt es, derzeit habe das Publikum keine Möglichkeit, das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitzugestalten, was sich auch in der schwindenden Akzeptanz des Rundfunkbeitrags widerspiegele.
Die Rundfunkanstalten hätten es trotz 7,5 Milliarden Euro an Rundfunkbeitrag bislang versäumt, „die Gebührenzahler bei weitreichenden Entscheidungen wie der Wahl des Intendanten, Haushaltsplänen, aber auch grundsätzlichen Reform- und Strukturfragen oder zumindest dem Programm mitbestimmen zu lassen“.
Nach den Vorstellungen der Wissenschaftlerinnen sollte ein Publikumsrat „unabhängige Interessenvertretung“ und Mittler zwischen Publikum und Rundfunkanstalten sein. Ähnliche Institutionen gibt es in der Schweiz und beim österreichischen ORF.
Gute Quote für Lanz-Show
Derweil kann sich Lanz selbst vorerst über gestiegenes Zuschauer-Interesse freuen. Am Donnerstagabend (23.15 Uhr) schauten knapp zwei Millionen Menschen „Markus Lanz“.
In Hamburg kam Lanz sogar auf einen Marktanteil von 21,6 Prozent (0,06 Millionen Zuschauer). Der Zuschauerschnitt der Talkshow liegt seit ihrer Einführung im Jahr 2008 bei rund 1,60 Millionen.
Den nächsten großen TV-Auftritt hat Lanz an diesem Sonnabend. Dann moderiert der 44-Jährige zum elften Mal die ZDF-Unterhaltungsshow „Wetten, dass..?“, in diesem Fall aus Karlsruhe (20.15 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de).