Marietta Slomka und Sigmar Gabriel lieferten sich im „heute-journal“ ein heftiges Wortgefecht. Die Abendblatt-Leser sehen einen klaren Gewinner des Schlagabtausches.

Mainz/Hamburg. Das heftige Wortgefecht zwischen ZDF-Moderatorin Marietta Slomka und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sorgte für Wirbel und erhitzte die Gemüter. Hat sie zu hart gefragt? War er zu dünnhäutig? Wer ging als Gewinner aus dem Gespräch hervor? 5146 Leser hatten auf abendblatt.de abgestimmt. Dabei gab es einen klaren Gewinner. 52 Prozent sahen Sigmar Gabriel vorne. 38 Prozent waren dagegen der Ansicht, dass Marietta Slomka ihre Sache gut gemacht und Oberwasser hatte. Lediglich zehn Prozent konnten sich nicht entscheiden und sahen keinen als Sieger des Wortgefechts.

Beide Seiten hatten später ihren Auftritt verteidigt. „Argumentativer Schlagabtausch und Verbalgefecht sind Instrumente des politischen Journalismus“, erklärte die Redaktionsleiterin des „heute-journal“, Anne Reidt, am Freitag laut ZDF-Mitteilung

Slomka selbst wies Gabriels Vorwurf der Parteilichkeit in einem „Bild“-Interview zurück: „Die Vielzahl von Interviews, die ich in den letzten zwölf Jahren geführt habe, belegen, dass dieser Vorwurf jeder Grundlage entbehrt. Ich trage keine parteipolitische Brille. Als Journalistin habe ich die Aufgabe, Politiker mit Kritik zu konfrontieren“, sagte Slomka.

„Man darf sich auch mal streiten“

Auch Gabriel verteidigte seine harschen Antworten: „Man muss doch auch mal Emotionen zeigen“, sagte er am Freitag in einer Aufzeichnung für das RTL-Magazin „Sonntags live“. „Wir sind ja keine kalten Fische und manche Journalisten glauben, wir Politiker seien so zum Watschenmann da.“ Das scheine etwas in Mode gekommen zu sein. Er finde das alles nicht dramatisch. „Man darf sich auch mal streiten.“

Vor laufender Kamera waren Gabriel und Slomka am Donnerstagabend aneinander geraten, es ging um verfassungsrechtliche Bedenken zum SPD-Mitgliederentscheid über die große Koalition. Der SPD-Chef warf der Moderatorin zudem Parteilichkeit vor. Nachdem sich beide mehrfach ins Wort gefallen waren, sagte Gabriel zu Slomka: „Tun Sie mir einen Gefallen: Lassen Sie uns den Quatsch beenden.“

CSU-Chef Horst Seehofer stellte sich hinter den SPD-Vorsitzenden und übte scharfe Kritik am ZDF. Er habe deshalb eine SMS an den ZDF-Intendanten geschrieben und wolle noch einen Brief hinterherschicken, sagte Seehofer am Freitag in München.

Der bei der Bundestagswahl im September unterlegene damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nahm Gabriel in Schutz: „Ich kann mich an ein Interview im Wahlkampf mit Frau Slomka erinnern, das mir äußerste Disziplin und Höflichkeit abverlangt hat“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Sonnabend). „Politiker müssen sich keineswegs alles gefallen lassen. Etwas mehr Respekt im wechselseitigen Umgang täte uns allen gut.“

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4,33 Millionen Zuschauer sahen den Schlagabtausch (14,8 Prozent Marktanteil), nur der Bergdoktor kam bei den Fernsehzuschauern am Donnerstag besser an. Auf abendblatt.de hatten schon nach wenigen Stunden über 1500 User abgestimmt. Ergebnis: Eine leichte Mehrheit sieht Gabriel als Gewinner dieser verbalen Auseinandersetzung.

Diese Art der Auseinandersetzung hat eine Vorgeschichte: Oft halten sich sowohl der Interviewer als auch der Interviewte an ungeschriebene Umgangsregeln – sodass das Frage-und-Antwort-Spiel zum Ritual gerät. Wenn die Kameras aus sind, tauscht man sich unter Umständen viel offener aus. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür lieferte im vergangenen Jahr CSU-Chef Horst Seehofer, der nach der Aufzeichnung eines Interviews mit Claus Kleber plötzlich Tacheles sprach.

Kleber hatte die Geistesgegenwart zu fragen, ob man das nicht verwenden dürfe – und erhielt zur Überraschung aller die Antwort: „Sie können das alles senden!“