Hamburg. Die HfBK präsentiert „Imagining Health 1“ und versucht mit einem Historiker der Uni Hamburg Fragen der Medizinethik zu beantworten.

Martin Köttering freut sich, ach was: Der Präsident der Hochschule für bildende Künste (HfBK) grinst über beide Ohren. Weil er nämlich die ersten Früchte einer Kooperation erntet, die für eine Kunsthochschule extrem ungewöhnlich ist: Am 21. Juni hat in der Galerie der HfBK die Ausstellung „Imagining Health 1“ eröffnet, Arbeiten von elf Studierenden und Alumni, die sich künstlerisch mit dem Thema Gesundheit ausein­andersetzen. Wann ist man gesund? Ist Gesundheit eine Illusion? Oder eine politische Ideologie?

Zu sehen sind unter anderem Fotografien („Care“ von Lena Kurz), KI-Projekte („Framing Electric Dreams“ von Matthias Frickhoeffer und Sebastian Kommer) und Interventionen („Survival Through Self Care“ von Sanja Henning).

Ausstellung: „Imagining Health 1“ thematisiert Gesundheit

Wobei Kötterings Freude nicht nur daher rührt, dass Nachwuchskünstler hier spannende Kunst zeigen. Die Freude hat mit den Bedingungen zu tun, unter denen die Ausstellung entstanden ist: „Imagining Health“ wurde auf Anregung von Ulf Schmidt entwickelt, Historiker an der Uni Hamburg und spezialisiert auf die Geschichte der medizinischen Ethik. Als Direktor des „Centre for the Study of Health, Ethics and Society“ sucht Schmidt regelmäßig nach Mitstreitern aus benachbarten Disziplinen, um Antworten auf drängende Fragen der Medizinethik zu finden, nicht zuletzt angesichts der Corona-Pandemie.

Und weil Schmidt eine persönliche Nähe zur bildenden Kunst hat, sprach er nicht nur Kollegen aus Medizin, Biologie oder Soziologie an, sondern auch Köttering: ob sich die HfBK vorstellen könne, an dem Projekt teilzunehmen, zunächst drei Jahre lang? „Eine Frage, die nicht nur Künstler interessiert, ist die Frage nach dem Individuum einerseits und seiner Stellung in der Gesellschaft andererseits“, erzählt Schmidt. Diese Frage wurde gerade während der Pandemie virulent, und radikal-individualistische Gruppierungen machten sie zur politischen. „Da kann ein interessanter Austausch stattfinden, wenn man die verschiedenen Sichtweisen in einen Raum bringt.“

Oft wehren sich Künstler gegen solche Vereinnahmungen, sei es durch Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft. Im Falle von „Imagining Health“ aber sei es so gewesen, dass es keine Vorgaben gegeben habe: Schmidt und seine Mitarbeiter seien zu Diskussionsveranstaltungen in die HfBK gekommen, hätten die Problemstellungen erklärt – und die Künstler dann einfach machen lassen.Hier scheint Schmidts Persönlichkeit hilfreich gewesen zu sein: Der 54-Jährige hatte ursprünglich selbst Kunst studiert, so jemand weiß, wie man an einer Kunsthochschule tickt. Und dass man eher auf Ablehnung stößt, wenn man von vornherein mit einer klaren Erwartung ankommt. „Man hat den Studierenden immer das Gefühl gegeben, dass sie als eigenständige künstlerische Forscher ernst genommen werden“, beschreibt Köttering die Zusammenarbeit. Dass Schmidt einen eigenen Ausstellungsetat mitbrachte, mochte ebenfalls geholfen haben.

Dazu kommt: Klare Antworten erwartete Schmidt gar nicht, das kommt dem künstlerischen Denken entgegen. Schon der Ausstellungstitel „Imagining Health“ beschreibt Gesundheit als Konstruktion, als etwas, das man sich vorstellen muss, keine sichere Position. „Diese Skepsis schwingt bei jeder Arbeit in der Ausstellung mit!“, bestätigt Köttering diese Unsicherheit. Und auch Schmidt weiß, dass Gesundheit kein Wert an sich ist, sondern eine Ideologie, die beispielsweise die Politik der DDR prägte. „Einige Arbeiten reflektieren das Konzept der Gesundheit auch als konstruiert und brüchig mit Blick auf die Kunstgeschichte“, weiß Sjusanna Eremjan, Kuratorin der HfBK-Galerie. Was die „Imagining Health“ sogar in einen größeren Rahmen einordnet als nur bei einer Kooperation zwischen zwei unterschiedlichen Institutionen.

„Imagining Health“ bis 3. August, Galerie der der HfBK, Lerchenfeld 2, täglich außer Montag 14 bis 18 Uhr. Weitere Infos unter hfbk-hamburg.de