Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: Ernst Wilhelm Nay „Mondnacht“.

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Der Titel „Mondnacht“ (1942), des Bildes von Ernst Wilhelm Nay (1902–1968) wirkt überraschend. Einen Mond vermag man zwar zu erkennen, aber für eine Nacht ist der Himmel sehr hell. Im Vordergrund sieht man eine Frau und einen Mann, die den Untertitel bestätigen: „Liebespaar unter Bäumen“. Er umarmt sie, wobei Nay sie in Gelbtönen gestaltet hat, während er ganz in Grün gehalten ist.

Die Situation wirkt intim, aber die Gesichter der Liebenden maskenhaft gestaltet. Glücklich wirken diese Menschen nicht – trotz der Umarmung. Beobachtet werden sie von einem einäugigen, zyklopartigen Wesen, das militärisch wirkt und im Hintergrund vor einem rot-schwarzen Hintergrund lauert. Durch das Grün sieht man schwarze Ornamente auf gelbem Hintergrund. Der gelbe Mond scheint zum Vordergrund hin zu zerlaufen.

Kunsthalle Hamburg: Nay wurde in Berlin geboren

Ernst Wilhelm Nay, „Mondnacht“, (1942), Gouache auf Papier, 29,5 x 23,5 cm.
Ernst Wilhelm Nay, „Mondnacht“, (1942), Gouache auf Papier, 29,5 x 23,5 cm. © Ernst Wilhelm Nay Stiftung, Köln / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Der in Berlin geborene Nay wuchs in einer Beamtenfamilie auf. Sein Vater starb im Ersten Weltkrieg. Ernst Wilhelm wurde in der Hauptstadt der Meisterschüler von Karl Hofer und bekam Stipendien für Bornholm und Rom. Edvard Munch finanzierte ihm einen Aufenthalt auf den Lofoten. Stilistisch entwickelte er sich vom Konkreten zum Abstrakten.

Nay wurde 1939 einberufen, war Soldat, aber kein NSDAP-Parteimitglied, er galt als Mitläufer. Die Nazis diskriminierten das Bild als „Meisterwerk der Gemeinheit“. Nay wurde in die französische Provinz geschickt, um Karten zu zeichnen. Die Tätigkeit ließ ihm genug Zeit, um weiter eigene Bilder zu malen und in Paris Wassily Kandinsky zu treffen.

Kunsthalle Hamburg zeigt Retrospektive

Manche sahen in Nay einen „der bedeutendsten Maler der deutschen Nachkriegskunst“. Die Kunsthalle zeigt noch bis zum 7. August eine Retrospektive mit 120 Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen. Till Briegleb sieht ihn kritisch. „Wo sind in den schönen Gemälden mit ihren tanzenden Kompositionen aus Zacken, Scheiben und Schmetterlingen Erinnerungen eingeschrieben, zu welchen Gräueltaten der Mensch fähig ist?“ Er nennt ihn einen „Dekorationsmaler“.

Zu Hamburg hatte Nay ein besonderes Verhältnis. Die ehemaligen Direktoren der Kunsthalle, Carl Georg Heise und Alfred Hentzen, kauften viele seiner Bilder. Der Kunstverein zeigte seine Werke mehrfach in Ausstellungen.