Scheeßel. Das Hurricane Festival 2023 hat gestartet. Neben Top-Acts wie Kraftklub, Peter Fox und Co. gab es eins zur Eröffnung: Staub.

  • Das Hurricane Festival 2023 feiert seinen Auftakt
  • Neben Stars wie Billy Talent, Peter Fox und Kraftklub war auch einer immer da: der allgegenwärtige Staub.

„Geil, ich habe noch eine FFP2-Maske in der Jackentasche“, freut sich ein Besucher beim Hurricane Festival in Scheeßel. Es ist schon der zweite postpandemische Konzertmarathon auf dem Eichenring, Corona und Maskenpflicht scheinen ein Relikt aus alter Zeit zu sein. Aber jetzt ist Mundschutz wieder en vogue, seien es Masken, Halstücher oder Bandanas, die man sich vor Mund und Nase schnallt. Es ist staubig. Staubig, staubig, staubig.

Schon auf der Anfahrt am Freitag sieht man, warum. Wiesen, Rasenflächen und Vorgärten in der Lüneburger Heide sind seit Wochen ausgetrocknet. Das Einzige, was an Feuchtigkeit von Freitag bis Sonntag in den Boden dringt, sind Bier, Schweiß … und was der eine oder andere Wildpinkler abschlägt. Und noch etwas mehr Bier.

Hurricane Festival startet mit Top-Acts wie Billy Talent und Kraftklub

Über 75.000 Besucherinnen und Besucher wirbeln bereits am Freitag (und beim Aufwärm-Programm am Donnerstag mit Antje Schomaker und weiteren Bands) Sand auf, vor allem vor den Hauptbühnen bei den großen Namen, die es besonders laut krachen lassen: Billy Talent, Anti-Flag, Enter Shikari und Kraftklub. Immer wieder ermuntern die Sänger das Publikum, aufeinander aufzupassen und sich im Fall der Fälle hoch zu helfen.

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Aber auch nach den stilistisch entspannteren Auftritten wie dem der australischen Klangtüftlerin Tash Sultana sehen nicht wenige aus den Reihen Taumelnde wie Kohlekumpel oder Wanderer in der Wüste aus. Schweißbäche zeichnen Flussläufe auf verkrusteten Oberkörpern.

Hurricane Festival: Peter Fox unterbricht aus Sorge um Publikum Konzert

Sogar der maximal lässige Berliner Peter Fox unterbricht nach seinem alten Hit „Schwarz zu blau“ kurz seine Show, um zu schauen, ob in den Reihen vor ihm alles in Ordnung ist. Sein neues, nach 15 Jahren Solopause veröffentlichtes Album „Love Songs“, das sich live noch deutlicher an aktuellen Afrobeat-Trends orientiert, kommt in Scheeßel gut an. Während Heißluftballons über das Areal schweben, entern gut Hundert Fans auf Einladung die Bühne und tanzen zu „Gegengift“ und Klassikern von Peters Hauptband Seeed wie „Ticket“ im Sonnenuntergang. Ein schönes Bild.

Neben Peter Fox, Marteria, Muse und Placebo gibt es dieses Jahr noch einen anderen Star auf dem Hurricane Festival: den Staub.
Neben Peter Fox, Marteria, Muse und Placebo gibt es dieses Jahr noch einen anderen Star auf dem Hurricane Festival: den Staub. © IMAGO/Chris Emil Jan√üen | IMAGO/Chris Emil Janssen

Für Peter Fox, der am 4. September auch auf der Bahrenfelder Trabrennbahn spielt, ist es das Solo-Debüt beim Hurricane Festival. Die kanadischen Rocker von Billy Talent aus Toronto hingegen sind bereits zum siebten Mal in Scheeßel. Sänger Ben Kowalewicz erinnert sich noch daran, wie das Quartett 2004 mittags vor Hundert Menschen spielte. 2023 sind es Zehntausende, die „Fallen Leaves“ und „Red Flag“ mitsingen, bevor sich der Mob zur benachbarten zweiten Hauptbühne schiebt.

Hurricane Festival: Kraftklub erinnert sich an ihre Anfänge

Dort gibt es das Ganze noch mal, nur auf Deutsch und aus Chemnitz. Auch Kraftklub-Frontmann Felix Brummer verinnerlicht kurz, wie es 2012 vor ihm aussah (übersichtlicher), während er über das Menschenmeer blickt. Er ruft nur einen Fan – Marie – auf die Bühne, die am Glücksrad „Scheissindiedisko“ als nächsten Song ausdrehen darf. Und natürlich singt der komplette Eichenring „Ich will nicht nach Berlin“.

Aber Berlin (und andere Städte) dürfen gern kommen. Von Deutschlands aktuellem Pop-Newcomer Nummer eins Nina Chuba bis zur besten Band der Welt, die am Sonntag den Sack zumachen wird: Die Ärzte. Nicht zu vergessen die weiteren Headliner Marteria und Muse, Placebo und Queens Of The Stone Age und viele zumindest in der Mitte der Plakate präsente Künstlerinnen: Lola Marsh, Tyna, Alli Neumann oder Domiziana.

Darauf kann man schon einen heben. Und wenn der Becher zur Neige geht, sieht man am Becherboden: eine Schaufel Sand. Hat noch jemand einen Kaffeefilter in der Jackentasche?