Hamburg. Der “Danse Macabre“ zeigt die Möglichkeiten aber auch Grenzen der Kunst. Die ukrainische Kult-Band erspart dabei nichts.

Mit weiß geschminkten Gesichtern und in schwarzen Tüll-Röcken kommen sie auf die Bühne. Und dann legt die fünfköpfige Band Dakh Daughters erst mal ein ordentliches Punk-Brett hin. Fröhlich lachend fordern sie das Publikum im Thalia in der Gaußstraße zum Tanzen auf. Bis ein ohrenbetäubender Sirenen-Lärm das Spektakel jäh beendet.

Der „Danse Macabre“ feiert seine Deutschlandpremiere anlässlich der Thalia-Lessingtage. Es ist eine gemeinsame Produktion der ukrainischen Kult-Band und des Regisseurs Vlad Troitskyi unter dem Dach des Centers of Contemporary Art Dakh/Gogolfest, Kiew, Ukraine. Die Künstlerinnen und Künstler leben heute im französischen Exil, aber ihr gesamtes Schaffen kreist um den russischen Angriffskrieg.

Thalia an der Gaußstraße: Dakh Daughters ersparen nichts

Für die Zuschauer ist es von Anfang an eine ungemütliche Erfahrung. Und die Anspannung wächst in einem fort. Die fünf Performerinnen schminken ihre Gesichter ab, tauschen die früheren Konzert-Kostüme gegen einen Trenchcoat und ziehen fortan als nunmehr Heimatlose mit Rollkoffern durch die Welt. An deren Außenwand ist eine Hausansicht angebracht, die sich jedoch bald glutrot färbt und auf einem Haufen der Zerstörung landet.

Zu ihnen gesellt sich die Performerin Tetiana Troitska. Berührende musikalisch-gesangliche Episoden, in denen sich die Band grandios an Streichinstrumenten, Gitarre, Keyboard und Schlagwerk häufig selbst in Wiederholungsschleifen sampelt, wechseln mit Texten, bei denen die Übertragung ins Deutsche und Englische nicht immer einheitlich ist. Der Inhalt ist schrecklich: Kriegserfahrungen, Folter, Vergewaltigung, Tod, Entwurzelung. Die Dakh Daughters ersparen nichts.

Wie soll das auch gehen im Angesicht dieser vollkommenen Entmenschlichung, der sie sich als Ukrainerinnen gegenübersehen? Der Abend zeigt zugleich die Möglichkeiten aber auch Grenzen der Kunst, wenn das Leben so übermächtig wird. Er ist eine große, gewaltige Schmerzens- und Wut-Oper, doch Versöhnung ist nicht in Sicht. Am Ende bleiben Stille, Trauer, Kerzen, Erinnerungen – und eine Hoffnung, die einen weitermachen lässt. Nichts für schwache Nerven.

Dakh Daughters/Vlad Troitskyi: „Danse Macabre“ 29.1., 19 Uhr;

Podiumsdiskussion: „Defending our future together“ (mit u.a. Vlad Troitskyi, Sasha Marianna Salzmann) 28.1., 20 Uhr;

Bomb Shelter – Art Resistance Night 28.1., 23 bis 6 Uhr, Thalia in der Gaußstraße, Gaußstraße 190, Karten unter T. 32 81 44 44; thalia-theater.de.