Hamburg. Der Weltstar hatte seinen Sohn dabei – und sorgte schon vor seinem Konzert für eine freudige Überraschung in Hamburg.
Das Konzert am Sonnabend im Stadtpark war gleich in doppelter Hinsicht eine Sache zwischen Vätern und Söhnen. Stings Sohn Joe Sumner eröffnete den Abend mit „Wie geht’s Hamburg?“ und singt ein halbes Dutzend Songs zur Gitarre („wenn das okay ist“). Die äußere Ähnlichkeit mit seinem Vater hält sich in Grenzen. Allerdings hat er eine ähnlich hochgepitchte Stimme. Sumners Aufforderung ans Publikum, im mit 4000 Zuschauern ausverkauften Rund mitzusingen, verhallte allerdings weitgehend ungehört – zu unbekannt sind die Songs.
Das änderte sich schlagartig, als sein Vater die Bühne betrat. In der Band spielte nicht nur der langjährige Gitarrist des Briten, Dominic Miller, sondern auch dessen Sohn Rufus. Auch Joe Sumner reihte sich später in die Band ein.
Sting in Hamburg: Every Little Book He Buys is Magic (Mountain)
Überpünktlich um 19.57 Uhr betraten die Musiker die Bühne und legten sofort los. Sting spielte zu Beginn gleich vier Hits am Stück: „Message in a Bottle“, „Englishman in New York“, „Every Little Thing She Does is Magic“ und „If You Love Somebody Set Them Free”. Danach hatte er das mitsingfreudige Publikum eigentlich schon in der Tasche.
Ursprünglich wollte der ehemalige Lehrer schon im März in Hamburg auftreten, aber damals machten ihm Corona-Fälle in seinem Team einen Strich durch die Rechnung. Der Auftritt in der Barclays Arena wurde verschoben. Diesmal machte Sting vor dem Hamburger Gig keinen Ausflug nach Lübeck – aber einen in die hiesige Innenstadt: In der Buchhandlung Felix Jud erstand Sting am Sonnabend eine englischsprachige Ausgabe von Thomas Manns „Zauberberg“.
Auch die Zuschauer im zauberhaften Stadtpark-Grün wirkten am Abend froh, dass er diesmal gekommen war, und zahlten die saftigen Eintrittspreise von 158 Euro. Der 70-Jährige, dem man sein Alter nicht ansieht, trug einen zitronengelben Blouson über einem Ringel-T-Shirt, dazu fette Springerstiefel.
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Sting spielt zum ersten Mal seit 20 Jahren im Stadtpark
20 Jahre, erzählte Sting, habe er zuvor nicht mehr im Stadtpark gespielt. Es fiel auf, wie selten der sonst so eloquente Musiker mit seinem Publikum verbal kommunizierte. Die Zuhörer kamen mehrheitlich aus der Altersklasse 50 plus, es waren auffällig viele Frauen darunter. Eine der jüngeren Besucherin, sie war vielleicht um die 20, sah sich staunend auf dem Bühnengelände um und sagte zu ihrer älteren Begleiterin: „Ich finde das ganz cool hier.“
Die Band spielte einige Stücke vom im vergangenen Jahr erschienen Album „The Bridge“, das während des Lockdowns im englischen Heim des Sängers entstanden war. „Es glich damals eher einer Festung“, erzählte er. Die Musiker präsentierten „If It’s Love“, die Ballade „For Her Love“ und „Rushing Water”. Aber was die Leute lieber hören wollten, waren Hits wie „Fields of Gold“. Bei diesem Stück schob Sting Rufus Miller für das kleine Solo nach vorn an den Bühnenrand. Dessen Vater, der seit 32 Jahren mit dem Bassisten zusammenspielt, lachte. Alles entspannt in dieser Musikerfamilie. Bis hin zum Outfit: Wer so lange in einer Band mit Herrn Sumner spielt, darf beim Konzert auch mal ein Deep-Purple-T-Shirt tragen. Aber als Miller Senior begann, vom Bühnenrand aus mit einer Besucherin herumzuschäkern, wurde er vom Bandboss zurückgepfiffen. Starke musikalische Akzente konnte übrigens wiederholt Mundharmonikaspieler Shane Sager setzen.
Sting in Hamburg: Nur einmal an der Akkustik-Gitarre
Und weiter ging es im Hit-Express. „Brand New Day“, „Shape Of My Heart”. Besonders gut kamen Up-Tempo-Nummern wie der Police-Klassiker „So Lonely“ an, aber auch das orientalisch angehauchte „Desert Rose“ konnte gefallen. Nach „Every Breath You Take“ endete der Spaziergang durch die Rockgeschichte, indem Sting das Publikum fragte: „Was wollt ihr?“ Er wird es wohl geahnt haben: „Roxanne“. Als nette Überraschung baute er in den Police-Song deutsche Zeilen aus der „Moritat von Mackie Messer“ ein.
Im Abendblatt-Interview hatte der Brite einmal erzählt: „Ich kontrolliere meine Songs mit meiner Stimme von oben und mit meinem Bassspiel von unten.“ Schönes Bild! Was er im Stadtpark zwischen diesen beiden Polen gefunden hat, gefiel dem Publikum. Nach gut eineinhalb Stunden griff der Musiker zum ersten und einzigen Mal an diesem Abend zur Akustikgitarre und spielte seine nachdenkliche Ballade „Fragile“.
Es war ein würdiger Abschluss für ein schönes Konzert.