Hamburg. Klaus Mäkelä und das Oslo Philharmonic setzten Sibelius-Zyklus fort. Für den dritten und letzten Auftritt gibt es noch Restkarten.

Endlich satt schwelgen können, tief einsinken in einer herbsüßen Ton-Dichtung, die mit melodischen Entwicklungsprozessen Formwillen hat und Kontraste ausreizt. Und die damit fast noch konventionell wirkt, verglichen mit den später folgenden Sibelius-Sinfonien, die sich für Normen und Gängiges kaum noch interessieren, sondern mehr und mehr vor sich hin mäandern. Wie Klaus Mäkelä sich in die Substanz von Sibelius‘ Zweiter bohrte, war nicht ohne Grund an das Ende von Runde 2 seiner Zyklus-Konzerte in der Elbphilharmonie gesetzt.

Das Oslo Philharmonic hatte am Vorabend bestens erkannt, was der Große Saal aushält, mitmacht und bietet, also reizten sie die dynamischen Möglichkeiten bei ihrem zweiten Gastspiel-Auftritt noch ein kleines bisschen sicherer aus als bei den ersten drei der insgesamt sieben Sinfonien. Und wurden dafür so begeistert vom Hamburger Publikum gefeiert, als hätte es gerade die x-te Großpackung Brahms verabreicht bekommen.

Elbphilharmonie: Mäkelä bleibt Sibelius' Handschrift treu

Sattes, aber nicht angeberisch angedicktes oder nur kraftprotzendes Blech verdienten sich diesen Applaus; dazu Streicher, die die Gesamtstruktur mitspielten und genau darauf reagierten, sobald sie nur Begleitrauschen für die Stimmungsskizzen im Holzbläser-Satz waren. Je näher das Finale der Vierten kam und der Himmel über dieser Natur-Vertonung sich immer mehr aufhellte, desto energischer formte Mäkelä die Linien zu einem Drama, das tatsächlich gut und geradezu glorios endete.

Dass Sibelius ein großer Bewunderer der Großformat-Architektur von Bruckners Sinfonien war, modellierte Mäkelä mit beeindruckendem Überblick heraus. Er hatte keine Angst vor dem Pathos, vor der Tragik und der Schärfe der Bruch-Kanten, die bei Sibelius immer dann entstehen, wenn er sich von einem Moment zum nächsten in einer weiteren Grübel-Runde verliert und nach dem Ausgang sucht. „Eine große Sinfonie muss wie ein Fluss sein“, hatte Sibelius seine stilistische Handschrift passend beschrieben. Mäkelä hielt darauf Kurs.

Begonnen hatte der Abend eisiger und finsterer, mit der eher spröden Vierten, die erratischer ist und es nicht darauf anlegt, aus dem Stand heraus sympathisch gefunden zu werden. Doch auch dort arrangierten sich der Finne Mäkelä und das norwegische Orchester gut mit den Herausforderungen und Unwägbarkeiten.

Letztes Sibelius-Konzert: Heute 20 Uhr. Sinfonien Nr. 3 & 5. Elbphilharmonie, Gr. Saal. Restkarten. Gesamt-Aufnahme: „Sibelius“ (Decca, 4 CDs, ca. 30 Euro)