Hamburg. Sehenswerte Show und hörenswertes Geballer: Die US-Band um Sänger Corey Taylor pustete 12.000 Fans in der Barclays Arena um.
Als Hamburger Metalfan weiß man in dieser Woche kaum, wohin mit den ganzen Pflichtterminen. Montag Ghost, Dienstag Slipknot, Mittwoch Pantera (oder was davon noch übrig ist). In Hannover spielt am Mittwoch auch noch Iron Maiden. Herrje. Wohin? Ach, was soll’s: Slipknot!
Die neunköpfige Trümmertruppe aus Des Moines (Iowa) ist schließlich immer für eine so extreme wie unterhaltsame Knüppelshow gut. Das sah man bereits 1999 im Logo (!), 2022 in Wacken oder vor drei Jahren – nur Tage vor dem pandemischen Notaus-Knopf für Livekonzerte – in der Barclays Arena. Dort gibt es am Dienstag ein Wiedersehen, 12.000 Fans versammeln sich im vollen Rund.
Slipknot schaffte es 2022 an die Spitze der deutschen Albumcharts
Die nach wie vor interessant maskierten Jungs von Slipknot haben einen langen, erfolgreichen Lauf in Deutschland: Zwischen 2004 und 2019 schlitterten sie viermal nur haarscharf mit ihren Alben an der Spitze der deutschen Albumcharts vorbei. Im September 2022 hatten sie es mit „The End, So Far“ endlich ganz nach oben geschafft. Und das will was heißen bei den kreativen, für ungeübte Ohren allerdings auch herausfordernden Werken der Band.
In der Barclays Arena wird die Ernte eingefahren: Mit einem Knall fällt der Vorhang, Flammenwerfer machen Rammst… KISS Konkurrenz und die ersten Songs „The Blister Exists“ und „The Dying Song (Time To Sing)“ werden mit großem Hallo, Klatschen und dem ersten Circle Pit begrüßt: Die Fans bilden schubsend Kreisel, die Reihen wogen hin und her wie ein Weizenfeld im Wind. Die haben Spaß.
Konzert Hamburg: Nanu? Corey Taylor entschuldigt sich für seine Stimme
Aber auch auf den Rängen hat man eine gute Zeit. Hier sieht man, wie bei „Liberate“ und „Yen“ wie seinerzeit in der „ZDF-Hitparade“ Kunstnebel über die japanisch-satanisch-futuristisch gestaltete Bühne wabert. Immer wieder feuert Sänger Corey Taylor das Publikum an und verteilt Wasserflaschen, das Energieniveau auf und vor der Bühne bleibt im roten Bereich.
- Große Freiheit 36: Kadavar in Hamburg: „Habt ihr Bock, oder was?“
- Konzertkritik: DeWolff liefert ab – Retrospaß mit Hamburger Zaubertrank
- Ina Müller: „Inas Nacht“ – NDR streicht Gespräch mit Rammstein-Musiker aus Sendung
Da überrascht die lange, emotionale Ansage von Taylor zur Halbzeit der kompakten, nicht ganz 90 Minuten langen Show, in der er sich für seinen Gesang entschuldigt: „Ich bekämpfe seit zwei Wochen etwas in meiner Stimme.“ Davon ist eigentlich nichts zu hören, er schreit und singt wie eh und je, da ist nichts zu vermissen – außer dem Perkussionisten Shawn „Clown“ Crahan, der nicht mit auf Tour gegangen ist, weil er seine kranke Frau pflegt.
Slipknot Hamburg: Blaue Flecken und Pfandbecherstapel sind Auszeichnungen
Das Publikum unterstützt auf Taylors Bitte, wo es kann, besonders beim – vergleichsweise – ruhigen „Snuff“, das mit Hunderten Handy-LEDs illuminiert wird. „Purity“, „People = Shit“ und „Surfacing“ treten im Anschluss wieder auf das Pedal, und mit den Zugaben „Duality“ und „Spit It Out“ wird der Sack zugemacht. Auf dem Weg zu den Ausgängen zeigt man sich gegenseitig stolz blaue Flecken und turmhohe Pfandbecherstapel. Ein herrlich normaler Metalabend.