Hamburg. Logistik-Milliardär will seine Idee, der Stadt ein neues Operngebäude zu verschaffen, nicht begraben. Das sind seine neuen Pläne.

In den vergangenen Wochen ist es um eine der vielen Investitions-Ideen von Logistik-Milliardär, HSV-Weichensteller und Kultur-Förderer Klaus Michael Kühne eindeutig still geworden. Zu still für seinen Geschmack. Nachdem das Engagement seiner Stiftung beim Harbour Front Literaturfestival wegen der Nicht-Aufarbeitung der NS-Vergangenheit seines Konzerns für unschöne Schlagzeilen gesorgt hatte, meldet Kühne sich nun mit einem neuen Anlauf zum Thema Staatsopern-Neubau zu Wort.

Im Interview mit dem Berliner Magazin „OPER!“, das am Donnerstag erscheint, wiederholt, erklärt und variiert der Wahl-Schweizer seine Absicht, der Stadt Hamburg zu einem Opern-Neubau verhelfen zu wollen. „Hamburg will eine internationale Stadt sein und ist viel zu schön, um nicht entwickelt zu werden“, so Kühne, „aber außer der Elbphilharmonie hat man da in neuerer Zeit nicht viel zustande gebracht.“

Staatsoper Hamburg: Doch kein Abriss – aber Kühne legt nach

Die meisten Konditionen Kühnes haben sich nicht geändert, nachdem das erste Angebot, Ende Mai per „Spiegel“-Interview in die Welt gebracht, auf weniger als wenig Gegenliebe in Rathaus und Kulturbehörde gestoßen war. Seine Motivation erklärte Kühne jetzt erneut: „Die Strahlkraft des Opernbetriebs sollte an frühere Zeiten anknüpfen.“ In den 60er- und 70er-Jahren habe es herausragende Intendanten wie Everding oder Liebermann gegeben. „Das ist lange vorbei, heute hat die Staatsoper Hamburg in Deutschland keinen hohen Stellenwert mehr. Das würde ich mir anders wünschen.“

Bislang eine zentrale Kühne-Bedingung für seinen Wunsch nach einem Opernhaus-Neubau in Nachbarschaft des Elbtower-Gebäudes in der HafenCity: Die Stadt solle ihm und seinem Partner, dem österreichischen Elbtower-Investor René Benko, das bisherige Staatsopern-Grundstück überlassen. Das denkmalgeschützte Opernhaus solle für ein „modernes Immobilienprojekt“ abgerissen werden.

„Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, so hatte Kühne es im „Spiegel“ umschrieben. „Es war ein gut gemeinter Rat von mir, das Grundstück an der Dammtorstraße zu verkaufen und einer Immobilienentwicklung zuzuführen, die in der Innenstadt ohnehin stattfindet und auch vernünftig ist“, erklärte Kühne sich nun in „OPER!“. „Damit stünden Mittel zur Verfügung, das neue Gebäude zumindest teilweise zu finanzieren – sofern man das denn will. Aber man will es nicht.“

Bürgermeister und Kultursenator lehnen Kühne-Pläne ab

Inzwischen aber, und das ist ein neuer Schachzug, würde Kühne auch an seiner Förderung festhalten, wenn das Grundstück an der Dammtorstraße nicht veräußert würde. „Ich hatte das aus reinen Finanzierungsgesichtspunkten überlegt und natürlich auch, weil ich mir sage: Naja, so schön ist das Gebäude auch nicht, dass man es nicht auch abreißen könnte. Aber das will man nicht, und das ist für mich auch kein Thema und auch keine Bedingung. Es war nur ein gut gemeinter Ratschlag. Der aber schlecht angekommen ist.“

Vor zwei Jahren war Generalmusikdirektor Kent Nagano mit der Idee, „der Oper in Hamburg ein neues Zuhause zu geben“, an ihn herangetreten. „Ich habe gesagt, dass ich das unterstützen würde, wenn es möglich ist.“ Aber Kühne habe nicht daran gedacht, dieses Projekt allein zu schultern. Sein Vorschlag, am Beispiel Düsseldorfs orientiert, sei eine Kaufmiete über 75 Jahre gewesen, „danach geht das Gebäude entschädigungslos auf die Stadt über“.

Doch weder Erster Bürgermeister noch Kultursenator haben viel davon wissen wollen, „eigentlich auch nicht davon, dass die bestehende Oper überhaupt in Zweifel gezogen wird.“ Langsam habe er das aufweichen können, sagte Kühne jetzt. „Wenn es einen ganz neuen Ansatz gäbe, könne man sich eine neue Oper vorstellen.“ Dieses neue Gebäude soll keine klassische Oper werden, sondern ein „Kulturzentrum, in dem auch das Ballett untergebracht sein könnte, eine Akademie, eine musikalische Bildungseinrichtung oder ein Museum für Musik“. Kühnes Kaufmiete-Konzept hat Bürgermeister Tschentscher vor Monaten vom Verhandlungstisch abräumen lassen.

Hamburgische Staatsoper: Kühne kalkuliert Kosten für Neubau

Die Kostenfrage beantwortet Kühne nun aus seiner Sicht so: „Ich kenne die Kalkulation für die Oper in Düsseldorf. Der reine Bau liegt da ungefähr bei 400 Millionen Euro. Wenn es in Hamburg ein Kulturzentrum werden soll, in dem die Oper nur ein größerer Bestandteil ist, könnte es teurer werden, vielleicht zwischen 400 und 600 Millionen Euro.“ Tatsächlich bewegen sich die geschätzten Opern-Neubau-Kosten in Düsseldorf seit längerem um den Betrag 750 Millionen Euro herum – und der Raum für weitere Steigerungen ist nach oben weit offen.

Staatsoper Hamburg: Unterstützung durch die Stadt notwendig

Zu den möglichen Betriebskosten hat Kühne ebenfalls eine Meinung: „Für den Betrieb der bestehenden Oper soll die Stadt jedes Jahr 60 Millionen Euro zahlen. Die Bewirtschaftung eines neuen Opernhauses, das auch den modernen Energiestandards entspricht, dürfte wesentlich günstiger sein, vielleicht nur etwa 40 Millionen Euro.“ Die verbleibenden 20 Millionen Euro müsse die Stadt in die Oper „zurückfließen lassen“.

„Ohne maßgebliche Unterstützung durch die Stadt plus einem Finanzierungsmodell, wie es meines Erachtens nach durchaus den Staatssäckel schont, wird das nicht zu machen sein.“ Es müsse schon ein Gemeinschaftsprojekt sein, „nicht so eine Sache, bei der man sagt, Herr Kühne will uns das schenken, aber wir sind noch gar nicht sicher, ob wir das Geschenk annehmen wollen.“

Ob und wie es nach diesem erneuten Anlauf weitergeht, ist unklar. Kühne jedenfalls möchte offenkundig nach wie am Projekt festhalten. „In Hamburg zu fördern, das mache ich sehr gerne, das passt alles zusammen. Und natürlich freue ich mich, wenn die Förderung, die angeboten wird, auch erwidert wird. Man muss versuchen, einen Mittelweg zu finden. Zumindest ist das mein Trachten. Wenn ich das nicht schaffe, ist das auch nicht so schlimm, ich habe genügend andere Interessen und Projekte.“