Hamburg. Klaus-Michael Kühne will der Stadt ein neues Opernhaus “schenken“ – das hat Jörg Friedrich auf eine Idee gebracht.
Der Logistik-Multimilliardär, Kulturmäzen und HSV-Fan Klaus-Michael Kühne hat vor einigen Wochen mit dem nicht uneigennützigen Ansinnen überrascht, Hamburg zu einem Opernhaus-Neubau in Elbtower-Nähe verhelfen zu wollen. Er möchte deswegen die denkmalgeschützte Staatsoper abreißen und durch ein „modernes Immobilienprojekt“ zu Gunsten des Elbtower-Investors René Benko ersetzen.
Die Begeisterung der politischen Entscheider hielt sich in sehr überschaubaren Grenzen. Was den Hamburger Architekten Jörg Friedrich dazu anregte, sich Gedanken zu machen; entstanden ist ein Debattenbeitrag, ohne Termine und Standort, und vor allem: ohne Preisschild. Aber mit klaren Einschätzungen. Friedrich ist sehr vom Fach, hat unter anderem die Staatsoperette Dresden modernisiert, 2025 soll das von ihm entworfene Theaterhaus Stuttgart eröffnet werden.
Neubau statt "maroder, vernachlässigter Oper am Dammtor"
Seine Hauptthese: „Eine leichtfertige Zerstörung der maroden Staatsoper am Dammtor ist nicht erforderlich.“ Für Friedrich könnte eine neue „Staatsoper in der HafenCity“ als Kulturbau, der internationalen Standards genüge, neben der Elbphilharmonie ein weiterer, wichtiger neuer Stadtbaustein zur Belebung dieses Stadtteils werden. Seine Entwurfs-Idee zeigt einen steil aufsteigenden Bau, in dessen langgestrecktem Inneren der Bühnenraum mit allen betriebswichtigen Zutaten Platz fände, kombiniert mit weiteren Nutzungsebenen.
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„Der Neubau dient zur musikalischen Aufrüstung des schlechten Klangraumes der maroden, vernachlässigten Oper am Dammtor“, befindet Friedrich. „Diesen Opernraum hat Generalmusikdirektor Kent Nagano zu Recht kritisiert.“ Dieser Neubau, inklusive Opernmuseum und Künstlerwohnungen, würde zur urbanistischen Verdichtung der Hafencity und zu einem Wandel zum „Kulturstadtteil“ prägend beitragen: „Kulturbaute n kann die moderne Stadt nicht genug haben.“
Staatsoper am Dammtor ersetzen – aber nicht abreißen
Friedrichs Urteil zum „baulich maroden“ Bestandsbau an der Dammtorstraße: „Sie ist musikalisch – akustisch und technisch – nicht mehr international konkurrenzfähig und kann und muss kurz über lang auf jeden Fall saniert werden.“ Das „Baudenkmal“ dürfe auf keinen Fall zerstört werden oder zugunsten „renditeträchtiger Allerwelts-Investorenprojekte“ aus dem Stadtbild verschwinden.
Friedrichs fordert eine klare Haltung zum historisch informierten Sowohl als Auch. „Die Erinnerung an die Hoffnung auf die heilende Kraft von Kulturbauten im Wiederaufbau in der Nachkriegszeit, der sich über Kulturprojekte damals noch gern selber definierte und schmückte, ist allein bereits denkmalschutzwürdig und wiederzubeleben.“
Diese Sanierung sei kein Ding der Unmöglichkeit. Die Transformation sollte in mehreren Schritten erfolgen. „Am neuen HafenCity-Standort wird die neue Staatsoper errichtet und bezogen.“ Danach stünde das bisherige Gebäude an der Dammtorstraße leer und könne saniert werden, so Friedrich, der diese „erhaltende Sanierung“ mit einer neuen Nutzung verbunden sehen will. „Der bestehende Opernsaal der Staatsoper ist akustisch und baulich zu groß und zudem kaputt, baufällig, asbestverseucht“, findet er. „Die kulturelle Nutzung am bisherigen Standort der Staatsoper am Dammtor ist jedoch hervorragend und städtebaulich richtig positioniert.“
Vorschlag des Architekten: Ein "Staatsballett" am Dammtor
Die alte „Staatsoper“ könnte also im Rahmen einer Altbau-Generalsanierung Heimat einer neuen Musikspielstätte und zum neuen „Staatsballett“ umgebaut werden. „So kann der denkmalgeschützte Altbaukörper erhalten werden, um mit einer neuen ,John Neumeier Ballett Akademie’ die besondere Tanztradition in der Hansestadt architektonisch neu rahmen zu helfen.“
Ein derartiges neues „ Tanztheater“ im vorhandenen Opern-Spielraum könne akustisch durchaus „kleiner“ ausfallen als ein ausgewachsenes Opernhaus, erklärt Friedrich. Dadurch würde Platz im Altbauvolumen geschaffen, für eine neue „John Neumeier Tanzakademie“ mit eigenem Spielort im Herzen der Stadt. Mit zusätzlichen Akademie-Probesälen über dem bestehenden Opernsaal sowie einem neuen öffentlichen „Ballettmuseum“ könne die „Alte Staatsoper“ dem Tanztheater in Europa „Raum, Gesicht und Hülle geben – Tag und Nacht“.