Hamburg. Der Vorstandsvorsitzende der Alfred-Toepfer-Stiftung kritisiert Kühnes Vorschlag eines Opern-Neubaus als „Danaergeschenk“.

Braucht Hamburg einen Opern-Neubau? Und wenn ja - wie, wo und wer soll ihn bezahlen? Der Vorschlag des Logistik-Milliardärs Klaus-Michael Kühne – nach einer ursprünglichen Idee des Generalmusikdirektors Kent Nagano, aber erweitert um den Vorschlag des Abrisses des bestehenden Gebäudes – stieß in den vergangenen Tagen auf reichlich Kritik und wenig Zustimmung. In einem exklusiven Gastbeitrag für das Hamburger Abendblatt kritisiert Ansgar Wimmer, Vorstandsvorsitzender der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., das Vorhaben als „Danaergeschenk“.

Zum Glück kann man für Geld nicht alles kaufen. Auch wenn man es mit Bürgersinn vielleicht gut meint, sich auf den Rat Dritter beruft und der Kultur seiner Heimatstadt aufhelfen will.

Hamburg braucht großzügige und verständige Mazeninnen und Mäzene

Klaus-Michael Kühnes Vorschlag, der Hamburgischen Staatsoper an der Dammtorstraße zu Leibe zu rücken, um nicht nur dem Operngesang in der HafenCity ein Denkmal zu setzen, ist originell – und sollte von der Politik dieser Stadt höflich, aber zügig zur Seite gelegt werden. Auch, wenn dieser vielleicht einem ursprünglichen Vorschlag des hochgeschätzten Kent Nagano folgt und nun nochmals präzisiert worden ist.

Denn was Hamburgs Kultur jetzt braucht, ist nicht ein kulturpolitisches Wunschkonzert, sondern sind großzügige und verständige Mäzeninnen und Mäzene, die verstehen, was die Kultur dieser Stadt im Aufwachraum der Pandemie, dem Heraufdämmern sozial explosiver Inflation und angesichts der bis Hamburg reichenden Verwerfungen eines grausamen Krieges mitten in Europa wirklich braucht. Nicht unbedingt das Danaergeschenk eines neuen Opernhauses.

Ideen, vielleicht sogar die in Hamburg zuweilen verpönten Visionen zu haben, ist per se in der Kulturpolitik nicht schlecht. Auch Kurt A. Körber und Alfred Toepfer, zwei Hamburger Stifter haben in der Nachkriegszeit vor genau 70 Jahren mit einer solchen Vision aufgewartet, nämlich dafür zu werben und zu sammeln, dass das zerstörte Hamburg an zentraler Stelle ein modernes, zeitgemäßes und neue Opernhaus erhält. Das war aber nicht mit einem Geschäft, sondern mit der Sehnsucht nach Kultur für Viele verbunden. Und genau das gilt es, in Hamburg jetzt stark zu machen.

Nicht hochkulturelle Solitäre gegen unterfinanzierte Breitenkultur ausspielen

Es ist nie sinnvoll, in der Kulturpolitik teure, hochkulturelle Solitäre gegen unterfinanzierte Breitenkultur und kulturelle Bildung auszuspielen. Allemal nicht, wenn sie scheinbar zu einem Vorzugspreis kommen. Aber wenn es um Bedarfe geht, dann sind es in diesen Tagen die in Hamburg so besonders ideenreichen, aber armen Institutionen der Stadtkultur, neue soziokulturelle Initiativen in den Stadtteilen und Vorhaben mit Kindern und Jugendlichen in der kulturellen Vielfalt ihrer Herkünfte, die dringend Förderung brauchen.

Um das zu begreifen, braucht man kein Klassenkämpfer sein, sondern kann auch Oper und Ballett sehr lieben. Andere Hamburger Stifter und Mäzene haben das verstanden, fördern nicht nur mit der Kunsthalle kulturelle Leuchttürme dieser Stadt, sondern zugleich bedarfsorientiert und selbstbewusst kulturelle Bildung sowie Notfallfonds für Kunstschaffende dieser Stadt. Dass Kühne das selbst eigentlich weiß, hat er jahrelang mit der großzügigen Förderung des Harbourfront Festivals gezeigt. Mit der Fortsetzung dieser Förderung und einer dauerhaften Absicherung des Festivals wäre die Chance, sich im Hafen dort, wo es kulturell Not tut, hanseatisch ein Denkmal zu setzen.

Staatsoper: Denkmäler erhalten statt Denkmäler neu schaffen

Für die Staatsoper hieße dies, Denkmäler zu erhalten, statt Denkmäler neu zu schaffen. Dem Vernehmen nach ist das für eine mittlere zweistellige Millionensumme beim Bestandsbau des Frankfurter Architekten Gerhard Weber von 1955 zu haben. So wäre es möglich, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Der übliche Spagat der Kulturpolitik in der Großstadt vielleicht, aber doch ein Zeichen für Augenmaß und Verstand, etwas für das auch der Kultursenator unserer Stadt auf kluge Weise steht. Kühne Ideen in der Kultur sind wichtig. Diese ist leider dem, was jetzt eigentlich ansteht, entrückt.