Deutsche Museen zeigen in China „Die Kunst der Aufklärung“, das Reich der Mitte erweist sich bei Kritik am eigenen System aber wenig aufgeklärt.
Dresden/Berlin. Nach der Festnahme des chinesischen Künstlers Ai Weiwei fordern deutsche Kultureinrichtungen klare Worte an die Adresse der Machthaber in Peking. Zugleich will die Politik den Dialog nicht abreißen lassen und verteidigt das Engagement für die deutsche Ausstellung „Die Kunst der Aufklärung“ im chinesischen Nationalmuseum in Peking.
„Es ist bedauerlich, dass das erhoffte Dialogangebot dieser Ausstellung jetzt durch aktuelle Ereignisse überlagert und möglicherweise gefährdet wird“, sagte Sachsens Kunstministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) am Freitag der dpa. Verhaftungen und Einreiseverbote im Umfeld der Eröffnung seien auf das Schärfste zu verurteilen. „Sie zeigen nach meiner Einschätzung umso mehr, wie wichtig die intensive Auseinandersetzung mit dem Geist der Aufklärung auch in China ist.“
Der Intendant des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin, Bernd. M. Scherer, sprach sich im dpa-Interview dagegen aus, die Ausstellung aus Protest abzuziehen. „Es kann sinnvoll sein, die Ausstellung zu belassen, wenn sie als eine Art exterritoriales Dialogforum genutzt wird und so Dissidenten eine Bühne bietet. Dann sollten aber aus Deutschland die entsprechenden Stimmen dazu kommen, die klarmachen, wie wir die Auseinandersetzung um Kunstfreiheit und Menschenrechte sehen.“
Das Haus der Kunst in München kritisierte die Zurückhaltung deutscher Museumsdirektoren. Hauptkurator Ulrich Wilmes, warf dem Chef der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden „Bagatellisierung“ vor und nannte dessen Äußerungen „menschenverachtend“. Martin Roth hatte mit Blick auf Weiwei in einem Interview mit der „Zeit“ unter anderem gesagt: „Es gibt Hunderte Künstler wie ihn, über die spricht aber keiner, weil sie keine Popstars sind.“
Roth hatte sich bereits im Dienstag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zu Kritik geäußert. „Die Menschen, die mit uns zusammenarbeiten, öffnen uns Türen, um unsere aufgeklärten Werte vorzuführen. Wenn wir nicht mehr diese Möglichkeit nützen könnten, wäre die Kultur verloren“, verteidigte er das Engagement. Er glaube an den Dialog, zu dem auch der Streit gehört – „deshalb arbeite ich sogar mit Teheran zusammen“, sagte der Dresdner Museumschef.
Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sind federführend bei der „Kunst der Aufklärung“, die am 1. April in Peking im Beisein von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) eröffnet wurde. Alle an dieser Ausstellung Beteiligten sollten deutliche Worte für die Verhaftung finden, forderte der Münchner Wilmes. Auch der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Klaus Schrenk, habe viel zu zögerlich auf die schlechten Nachrichten aus China reagiert.
Die sächsische Kunstministerin bezeichnete die Exposition in Peking als „richtiges und wichtiges Ereignis, das gleichermaßen Chance und Verpflichtung ist“. Die Schau sei sorgfältig vorbereitet worden und ein Beitrag zu einem „auf Langfristigkeit angelegten Dialog“. „Ich stimme Professor Roth zu, Kulturaustausch mit China ist wichtig, auch für das Bauen geistiger Brücken zwischen unseren verschiedenen Kulturwelten.“
Scherer geht davon aus, dass die „Kunst der Aufklärung“ in China etwas bewegen kann. „Ich erlebe immer wieder, ob etwa in Indien oder Pakistan, wie Menschen durch einzelne Kunstobjekte ein Erweckungserlebnis haben (...) Je mehr Austausch passiert, umso besser. Zentral ist aber dabei, dass man deutlich sagt, wo man selber steht.“