Unheilig gewann knapp vor Silly und Ich + Ich, Selig landete für Hamburg im Mittelfeld und Dirk Darmstädter & Bernd Begemann gingen unter.
Berlin. Stefan Raab war da, Elton auch - nur Joey Kelly und die Bildschirmeinblendung "Dauerwerbesendung" haben noch gefehlt, um das Niveau der Langeweile des "Bundesvision Song Contest 2010" an ProSieben/Brainpool-Events wie die "Wok WM" oder "TV Total Stock Car Crash Challenge" anzupassen. In früheren Jahren hatte der 2005 von Stefan Raab initiierte Pop-Wettbewerb der Bundesländer noch für Überraschungen gesorgt. So gewannen 2007 Oomph! und 2008 Subway To Sally, weil sie die schweigende Mehrheit der Rocker (unter den 14- bis 49-Jährigen) an die Voting-Telefone locken konnten. 2009 allerdings war der Sieg des Berliners Peter Fox absehbar, und dieses Jahr machten die drei vorab genannten Favoriten den Sieg unter sich aus.
Zwar blieb es bis zum Ende spannend, wer sich wo auf dem Siegertreppchen platzieren durfte, aber trotzdem kam der Sieger natürlich aus Nordrhein-Westfalen: Charts-Dominator Unheilig (die Düsterpopper sowohl für ZDF-Fernsehgarten-Fans als auch für "Twilight"-Romanleser) überzeugten mit dem Lied "Unter deinem Banner" die Besucher der Berliner Max-Schmeling-Halle und die TV-Zuschauer und konnten mit 164 Punkten den ersten Platz erobern. Die aus den Ruinen des DDR-Rocks auferstandenen Veteranen von Silly ("Alles Rot") durften sich im Voting der 16 Bundesländer mit 152 Punkten über den zweiten Platz für Sachsen-Anhalt freuen. Für die Berliner Ich + Ich feat. Mohamed Mounir entfielen 100 Punkte und damit der dritte Platz. Wie beim "Eurovision Song Contest" durfte jedes Bundesland, vertreten durch gewohnt überdrehte lokale Radiomoderatoren, bis zu 12 Punkte an die deutsche Popgemeinde ausschütten.
"Dabei sein ist alles" war erwartungsgemäß das Motto der Künstler aus Norddeutschland. Stanfour aus Wyk auf Föhr und Hamburg schlugen sich trotz biederer Darbietung achtbar mit 60 Punkten und dem siebten Platz für Schleswig-Holstein. Ihnen auf den Fersen war Selig mit 40 Punkten und dem achten Platz für Hamburg. Für die erste Band des Abends und deutlich hörbare technische Probleme nicht übel. Xavier-Naidoo-Kopie Sebastian Hämer ersäuselte sich 22 Punkte und den zehnten Platz für Mecklenburg-Vorpommern, dahinter folgten die Bremer Kleinstadthelden mit 20 Punkten. Die Wedeler Sängerin Oceana, die mit "Unser Star für Oslo"-Kandidat Leon Taylor Hessen vertrat, kam mit 18 Punkten auf den 13. Platz.
Zum Desaster geriet der "Bundesvision Song Contest" für die Hamburger Indie-Rocker Bernd Begemann und Dirk Darmstädter, die mit der 50er-Jahre-Rarität "So geht das jede Nacht" (Freddy Quinns Beitrag für den "Eurovision Song Contest 1956") nur vier Punkte für Niedersachsen bekamen - aus Niedersachsen. "Alles andere als ein 16. Platz wäre ein Triumph", sagte Bernd Begemann noch vor dem Contest zum Abendblatt. Es hat nicht ganz gereicht.
Was bleibt? Die Hoffnung, dass der "Bundesvision Song Contest" nur die üblichen 15 bis 17 Prozent der werberelevanten Pop-Zielgruppe vertritt. Irgendwie war das dieses Jahr alles zu vorhersehbar, zu angepasst, zu viele rote Fahnen, zu blockflötig. Zu viel MDR-Fernsehballett. Die Rapper von Blumentopf (Platz 4 für Bayern) brachten es auf den Punkt: Alles war "SoLaLa".