Jean Dujardin und Meryl Streep als beste Hauptdarsteller geehrt - Stummfilm „The Artist“ räumt fünf Auszeichnungen ab -

Hamburg/Los Angeles. Es war eine Oscarnacht im Zeichen der Nostalgie: Mit fünf Trophäen für den Stummfilm „The Artist“ feierte Hollywood in einer rauschenden Gala die guten alten Tagen des Kinos. In der Nacht zum Montag setzte sich der Schwarz-Weiß-Streifen unter anderem in den wichtigsten Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bester Hauptdarsteller“ durch.

Auch Martin Scorseses 3D-Film „Hugo Cabret“ war mit fünf Oscars erfolgreich, räumte allerdings lediglich in den Technik-Kategorien, bei der Kameraarbeit, bei Ton, Tonschnitt, visuellen Effekten und beim Szenenbild ab. Das freute hierzulande vor allem das Frankfurter Pixomondo-Studio, das maßgeblich an der Auszeichnung für die besten visuellen Effekten beteiligt war. „Wir sind überglücklich und stolz, nach unserer Arbeit für 'Hugo Cabret' nun den Oscar in Händen zu halten“, sagte Geschäftsführer Chris Vogt. Scorseses Zuschlag für die visuelle Umsetzung des Filmabenteuers, das im Paris der 1930er Jahre spielt, bekam Pixomondo im Jahr 2010.

Mit reichlichen Vorschusslorbeeren war „The Artist“ ins Rennen gegangen und schließlich allen Erwartungen gerecht geworden. Seit 83 Jahren war es der erste Stummfilm, der einen Oscar gewann. Neben dem Preis als bester Film gingen Auszeichnungen an Regisseur Michel Hazanavicius und seinen Hauptdarsteller Jean Dujardin, der dann gleich auch einen weiteren Hollywood-Rekord aufstellte. Dujardin ist der erste Franzose, der in der Hauptdarsteller-Kategorie einen Oscar erhält. Den stillen Triumph seiner Filmhommage riss Hazanavicius in seiner Dankesrede zu Begeisterungsstürmen hin: „Ich bin der glücklichste Regisseur der Welt“, erklärte er.

Bei „The Artist“ gefielen den Mitgliedern der Filmakademie (AMPAS) außerdem die Kostüme von Mark Bridges und die – für den Stummfilm so wichtige – Musik von Ludovic Bource.

Während die Macher von „The Artist“ zum allergrößten Teil Oscar-Neulinge waren, war US-Schauspielerin Meryl Streep zum mittlerweile 17. Mal nominiert. Als ihr Kollege Colin Firth während der Gala ihren Namen aufrief, brandete großer Applaus auf. Für ihre Rolle als ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher in „Die Eiserne Lady“ heimste die 62-Jährige ihren nunmehr dritten Oscar als beste Hauptdarstellerin ein. Zuletzt hatte sie die Auszeichnung vor rund 30 Jahren für ihre Rolle in „Sophies Entscheidung“ bekommen.

Streep war sichtlich bewegt und bedankte sich bei vielen Wegbegleitern ihrer beispiellosen Karriere. „Als sie meinen Namen aufriefen, hatte ich das Gefühl, als ob halb Amerika sagen würde: 'Oh nein, warum die schon wieder?' Aber was soll's!“ sagte sie lachend. Preise seien schön, aber viel wichtiger seien Freunde. Als sie im Backstagebereich gefragt wurde, ob sie nun wie Thatcher mit einigen Whiskeys feiern wolle, sagte Streep trocken: „Ich fange mit ein paar an.“

Seinen vierten Oscar bekam Woody Allen für sein Drehbuch zu „Midnight in Paris“, das Hauptdarsteller Owen Wilson auf eine literarische Zeitreise ins Paris der 1920er Jahre schickt. In dem Streifen führte Allen auch Regie. Er nahm seinen Preis nicht persönlich entgegen.

Als beste Nebendarstellerin wurde die US-Schauspielerin Octavia Spencer für ihre Rolle als in dem Rassismus-Drama „The Help“ geehrt. Unter Tränen nahm sie ihre Trophäe entgegen. „Das ist einer der Abende, die ich nie vergessen werde“, sagte sie. In ihrer Dankesrede würdigte sie vor allem Regisseur Steven Spielberg. Als Chef der Produktionsfirma DreamWorks habe er es Regisseurin Tate Taylor erlaubt, „mich für 'The Help' zu casten, obwohl ich einem Großteil von Ihnen relativ unbekannt war“, sagte Spencer. Die 39-Jährige war zuvor als heiße Anwärterin auf die Auszeichnung als beste Schauspielerin gehandelt worden.

Der Kanadier Christopher Plummer ging für seine Darbietung in der Tragikkomödie „Beginners“ als bester Nebendarsteller nach Hause. Damit ist der 82-Jährige der älteste Oscar-Preisträger aller Zeiten. „Du bist nur zwei Jahre älter als ich“, sagte Plummer mit Blick auf die 84. Oscar-Verleihung über seine Auszeichnung. „Wo bist du mein ganzes Leben lang gewesen?“

Das fünffach nominierte Familiendrama „The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“ mit George Clooney wurde immerhin mit einem Oscar bedacht – dem für das beste adaptierte Drehbuch, an dem auch Regisseur Alexander Payne mitgeschrieben hat. Die beiden sechsfach nominierten Filme „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ und „Gefährten“ gingen leer aus. Zum besten Filmsong wurde „Man or Muppet“ aus dem Film „Die Muppets“ gewählt.

Die Auszeichnung für den besten fremdsprachigen Film ging an die iranische Produktion „Nader und Simin – Eine Trennung“ von Asghar Farhadi. Der Film hatte im vergangenen Jahr den Goldenen Bären bei der Berlinale gewonnen und ist der erste iranische Film, der einen Oscar bekommt.

In den nostalgischen Reigen der Hollywood-Gala reihte sich Billy Crystal nahtlos ein: Nach acht Jahren kehrte der 63-jährige Schauspielveteran als Oscar-Gastgeber zurück. Mit Blick auf seine nunmehr neunte Moderation bezeichnete er sich gleich zu Beginn als „War Horse“ in Anspielung auf den englischen Titel des nominierten Filmes „Gefährten“.

Crystal machte außerdem immer wieder Witze über den Namen des Veranstaltungsorts. Nach der Pleite von Eastman Kodak heißt er nicht mehr Kodak Theatre, sondern hat erst einmal den Namen des Gebäudekomplexes erhalten, in dem er sich befindet: „Hollywood and Highland Center“. Außerdem nahm Crystal die Veranstaltung selbst auf die Schippe, indem er sagte, nichts sei so gut gegen die Wirtschaftskrise wie Millionären dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig goldene Statuen überreichten. Auch Kermit und Miss Piggy waren unter den Präsentatoren einer von Crystal souverän und durchaus unterhaltsam moderierten Show.

Alles zu den Gewinnern und Verlierern der großen Oscar-Verleihung: