Der Kreativchef von Disney und Pixar, John Lasseter, wurde in Venedig mit einem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Hamburg/Venedig. Bei den 66. Internationalen Filmfestspielen in Venedig ist John Lasseter, Kreativ-Chef von Walt Disney und den Pixar Animation Studios, mit einem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden.

Den Preis überreichte ihm der „Star Wars“-Regisseur und -Produzent George Lucas, für den Lasseter 1985 bei Lucasfilm die erste Figur für einen Live-Action-Film im Computer animiert hat. Die Auszeichnung teilt sich Lasseter mit seinen Pixar-Kollegen Brad Bird, Andrew Stanton, Lee Unkrich und Pete Docter, dem Regisseur des stereoskopischen 3D-Animationsfilms „Oben“.

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa beschrieb Lasseter die Entstehung des dreidimensionalen Kinovergnügens „Oben“.

Ist es nicht riskant, ausgerechnet einen griesgrämigen alten Mann als Hauptfigur in einem Animationsfilm einzusetzen?

Lasseter: „In allen Pixar-Filmen gibt es ungewöhnliche Figuren wie beispielsweise einen stummen Roboter auf einem im Müll versunkenen Planeten („Wall E – Der Letzte räumt die Erde auf“) oder Spielzeuge, die zum Leben erweckt werden („Toy Story“). Wir sind ein Studio der Pioniere, das Risiken eingeht. Als Pete Docter die Idee hatte, einer Geschichte über einen Mann Ende 70 zu erzählen, war ich begeistert. Diese ungewöhnliche Konstellation von Charakteren, zu der sogar sprechende Hunde gehören, hat es im Film bisher noch nicht gegeben. Das ist pure Unterhaltung im Stil von Pixar.“

Warum haben Sie diesen Animationsfilm in 3D produziert?

Lasseter: „Ich bin schon seit vielen Jahren ein 3D-Fan. In den 90er Jahren waren wir die Pioniere in der Computeranimation. Es hat mich gereizt, eine dreidimensionale Umgebung zu errichten, in der wir Steadycam-Einstellungen aufnehmen und die Objekte hin- und her bewegen können. Ich fand es immer frustrierend, die Welt so zu betrachten, als ob wir nur ein Auge hätten.“

Welche neuen Möglichkeiten eröffnen sich durch die 3D-Produktion?

Lasseter: „Für mich ist 3D ein weiteres Werkzeug, um eine Geschichte besser zu erzählen. Wir setzen Musik, Farbe und Licht ein, um tiefer liegende Emotionen in einer Szene zu unterstreichen. 3D kann dabei hilfreich sein. Bei „Oben“ wollten wir wie durch ein Fenster auf die Welt schauen. Am Anfang des Films, als das bescheidene Leben von Carl Fredericksen in seinem Haus gezeigt wird, haben wir die Bilder bewusst flach gehalten. Erst als er sich auf die Abenteuerreise begibt, bekommen sie eine enorme Tiefe. Die Zuschauer denken nicht darüber nach, aber sie spüren beim Geschichtenerzählen, wie sich sein Leben plötzlich öffnet.“

Wie erfolgt bei Pixar die kreative Entwicklung eines Filmprojektes?

Lasseter: „Pixar ist ein Studio, das von den Filmemachern getragen wird. Unsere Philosophie zielt darauf ab, uns gegenseitig bei der Arbeit zu inspirieren. Wenn eine Idee von Herzen kommt, legen wir unsere ganze Seele hinein. Wir verfügen über einen kreativen Pool von Filmemachern und Storyexperten, die sich jeden Film in den unterschiedlichen Stadien der Produktion ansehen und dem Regisseur Anregungen geben. Wir sind erst zufrieden, wenn ein Werk wirklich perfekt ist.“

Warum haben Sie sich als eingeschworener 3D-Fan bei Disney für die handgezeichnete 2D-Animation eingesetzt?

Lasseter: „Ich habe nie verstanden, warum 2D eingestellt worden ist. Es stimmt nicht, dass das Publikum diese Filme nicht sehen will. Als ich zu Disney gekommen bin, habe ich als erstes die handgezeichnete Animation wieder eingeführt, denn die Künstler beherrschen das. Wir haben Ron Clements und John Musker, die beiden Regisseure von „Arielle, die Meerjungfrau“, wieder ins Studio zurückgeholt. Sie hatten die Idee, das beliebte Märchen „Der Froschkönig“ in New Orleans anzusiedeln und als Musical zu erzählen. Da wir diese Art von traditionellen Zeichentrickfilmen lange nicht mehr gesehen haben, sind sie inzwischen schon wieder etwas Neues.“