Immer mehr Zeichner entdecken das Netz für ihre Comics - mit zunehmenden Erfolg. Die digitale Revolution macht auch vor Klassikern nicht halt.

Die digitale Revolution macht auch vor Garfield und Snoopy nicht halt. Auf US-Internetseiten wie comics.com oder ucomics.com sind täglich Hunderte neuer Comicstrips zu finden, darunter auch die großen Klassiker aus den Tageszeitungen. Seit einiger Zeit entdecken auch deutschsprachige Zeichner das Internet, um ihre Comics einem breiten Publikum zu präsentieren.

In den USA boomen die Webcomics, und einige dieser Seiten werfen bereits Profit ab. Beispielsweise „Penny Arcade“, gestartet 1998 von Jerry Holkins und Mike Krahulik. Es ist die am längsten laufende Serie im Internet und hat mehrere Tausend Besucher am Tag. „Penny Arcade“ finanziert inzwischen den Lebensunterhalt der Autoren und mehrerer Angestellter.

Da das Lesen der Comics kostenlos ist, sind Werbebanner und Merchandising-Artikel die Haupteinnahmequelle der Macher. In einem Online-Shop bieten sie T-Shirts, Bücher und andere Artikel mit ihren Figuren an.

Auf der Webseite www.moderntales.com, die Serien verschiedener Zeichner veröffentlicht, kann man sich hingegen auch als Abonnent anmelden. Für 2,95 US-Dollar im Monat gibt es dann Inhalte, die andere Besucher nicht zu Gesicht bekommen.

„Im Internet geht es darum, so viele Leute wie möglich auf sich aufmerksam zu machen und dann zu gucken, wie man damit Geld verdienen kann“, sagt der Schweizer Zeichner David Boller. Der 41-Jährige betreibt seit März das Online-Magazin „Zampano“, auf dem er eigene Serien in Fortsetzungen präsentiert.

Inhaltlich reichen seine Comics von Kurzgeschichten, die in Afrika spielen, bis zu einem epischen autobiografischen Comicroman über seine Zeit in den USA. Dort zeichnete Boller 16 Jahre lang für große Verlage wie Marvel und DC an Serien wie Spiderman oder Batman.

„Wer im Netz mit Mainstream Erfolg haben will, wird es nicht schaffen“, meint er, „man muss Nischen besetzen.“ Die Vorteile des Veröffentlichens im Internet liegen aus seiner Sicht auf der Hand: Die Kosten gehen gegen null, und man kann auf Anhieb viele Leser erreichen.

Da Bezahlmodelle im Netz meistens scheitern, setzt auch Boller auf eine Zweitverwertung seiner Comics als Bücher, die er dann über seine Webseite verkaufen will. „Wer als Verlag nicht den digitalen Vertriebsweg wählt, wird in zehn Jahren weg sein“, prophezeit er.

Bewegte Comics konnten sich im Netz allerdings bisher nicht durchsetzen. Sie sind aufwendiger zu erstellen und erschweren die Einbindung von Werbung.

Mit dem Spiderman-Erfinder Stan Lee hatte sich im Jahr 2000 einer der ganz Großen der US-Comicszene mit animierten Webcomics versucht. Aber bereits Anfang 2001 musste sein Unternehmen nach Missmanagement und Betrug seines Vorstandsvorsitzenden Konkurs anmelden.

Der Saarbrücker Zeichner Frank Weißmüller alias Erik glaubt, die herkömmlich gezeichnete Comicseite sei auch für das Internet am geeignetesten: „Leser sind gewohnt, eine Seite erst in ihrer Gesamtheit zu betrachten und dann erst im Detail zu lesen.“ Das wäre nicht möglich, wenn der Webcomic Lesereihenfolge und -tempo vorgebe. Außerdem habe der Zeichner bei einer klassischen Seite größeren Gestaltungsspielraum.

Der studierte Grafik-Designer Weißmüller hat ein Jahr von Ersparnissen gelebt, um in Vollzeit seinen Fantasy-Comic „Deae ex machina“ über drei nordische Schicksalsgöttinnen auf seiner Webseite veröffentlichen zu können. Vorher hatte er versuchte, in Frankreich einen Verleger zu finden. Aber es sei schwer, von den Großverlagen überhaupt eine Rückmeldung zu bekommen, sagt Weißmüller. Im Netz gebe es hingegen unmittelbare Reaktionen der Leser.

Zu den Pionieren des Webcomics gehört der US-Zeichner und Comicexperte Scott McCloud. Seit 1998 experimentiert er auf seiner Seite mit verschiedenen Comic-Formaten, die die Möglichkeiten des Internets nutzen sollen. „Meine Webcomics spielen mit der Idee, den Bildschirm eher wie ein Fenster zu behandeln als wie eine Buchseite“, schreibt er auf seiner Homepage.

Heute sähen die meisten Webcomics nach dem Scheitern der ersten Welle der animierten Comics vor knapp zehn Jahren wieder wie gedruckte aus. Aber die Weiterentwicklung der Internettechnik mit schnelleren Verbindungen und neuen Programmiertechniken könne auch den animierten Comics ein Comeback bereiten, glaubt McCloud.

Vielleicht könnten sogenannte Motion Comics die Zukunft der Bilderzählungen im Netz sein: DC Comics hat seine erfolgreiche Graphic Novel „Watchmen“ als kurze Clips umgesetzt, die man gegen Bezahlung herunterladen kann. Sie wirken wie alte TV-Zeichentrickfilme, basieren aber auf den Originalzeichnungen aus der Comicvorlage – und übernehmen auch deren Sprechblasen.