Noch 31 Tage bis zur Premiere. Regisseur Claus Guth probt zum ersten Mal die erste Szene des vierten Bilds. Auf dem schmalen Stück Fußboden stehend, das aussieht wie nach einer Explosion, weist er Brünnhilde und Sieglinde ein. Dann wendet er sich an die acht Walküren in dem darunter liegenden Zimmer, die in Springerstiefeln und Probekitteln auf schmuddligen Doppelstockbetten hocken, knien und lehnen. Sie sollen sich zur Gruppe zusammenballen und verfolgen, wie aus der Ferne Brünnhilde heran reitet. "Schaut euch viel an!" Korrepetitoren, Spielleiter und Assistenten beugen sich über Partituren und machen sich Notizen. Korrepetitorin Anna Skryleva gibt den Einsatz, das Klavier donnert wie ein ganzes Orchester, die Walküren singen ihr ganzes Entsetzen heraus. Guth springt auf die Bühne, winkt, schiebt, ruft "Schreck!" in den Raum. "Die Bewegungen kann ich mir leicht merken", sagt Renate Spingler, die die Roßweiße singt. "Die Musik gibt uns ja die Struktur. Und Bühnenerfahrung hilft natürlich."